Die Gesundheitsreform kann als erstes Projekt der Agenda 2010 des Bundeskanzlers zum Jahreswechsel in Kraft treten. Auch der Bundesrat billigte am Freitag den Kompromiss von Koalition und Union. Auf die Patienten kommen damit ab 1. Januar 2004 für alle Leistungen Zuzahlungen zwischen fünf und zehn Euro sowie eine Praxisgebühr von zehn Euro pro Quartal zu.
Schmidt versprach sinkende Beitragssätze
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt versprach im Bundesrat, mit der Reform würden die Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung bereits im kommenden Jahr von durchschnittlich 14,3 auf 13,6 Prozent und bis 2006 deutlich unter 13 Prozent sinken. Die SPD-Politikerin warb dafür, auch die Reform von Rente und Pflege parteiübergreifend zu beschließen. Nur so könnten die Bürger "in diesen unsicheren Zeiten" das Gefühl haben, dass Lösungen unabhängig von politischen Mehrheiten Bestand hätten.
Patienten werden einseitig belastet
Die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Marianne Linke, nannte den Kompromiss "sozial unausgewogen". Er belaste einseitig die Patienten. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer, erklärte: "Dieses Gesetz ist kein Jahrhundertwerk." Aber in einem ersten Schritt sei es darum gegangen, die Finanzen für einen überschaubaren Zeitraum in Ordnung zu bringen.
Erhöhung der Tabaksteuer gebilligt
Der Bundestag verabschiedete die Tabaksteuererhöhung mit den Stimmen der rot-grünen Koalition. Demnach soll die Steuer von Januar 2004 bis Juli 2005 in drei Stufen um je 1,5 Cent pro Zigarette angehoben werden. Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig. Mit den Einnahmen will Schmidt versicherungsfremde Leistungen der Krankenkassen wie Mutterschutzgeld finanzieren. Dafür sind im Gesundheitsreformgesetz für 2004 eine Milliarde Euro aus der Tabaksteuer eingeplant, für 2005 dann 2,5 Milliarden und ab 2006 insgesamt 4,2 Milliarden. Die Tabakindustrie war gegen die Erhöhung im geplanten Umfang Sturm gelaufen und hatte vorausgesagt, der Zigarettenmarkt werde einbrechen. Deshalb seien die erwarteten Einnahmen unrealistisch.
Kritik von Industrie und Verbrauchern
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie kritisierte, leider hätten die Länder die Möglichkeit nicht genutzt, das Gesundheitsreformgesetz zu stoppen. Es enthalte völlig unsinnige Regelungen.