+++Stopp+++ Aus nach rund 150 Jahren: Deutsche Post beendet Telegramm-Service

Eine Mitarbeiterin nimmt am 07.01.1994 im Fernmeldeamt Erfurt ein Telegramm entgegen
Eine Mitarbeiterin nimmt am 07.01.1994 im Fernmeldeamt Erfurt ein Telegramm entgegen
© Heinz Hirndorf/dpa-Zentralbild / DPA
Einst waren Telegramme die schnellste Möglichkeit, wichtige Nachrichten zu übermitteln. Doch sie haben sich überlebt und die Post zieht daraus Konsequenzen. Auch ein anderes traditionsreiches Telekommunikationsangebot endet 2023.

Sie waren so etwas wie der erste Kurznachrichtendienst, weit vor Twitter, der SMS oder dem namentlich sehr ähnlichen Messenger: die Telegramme. Im 19. Jahrhundert erfunden, war das Telegramm bis weit ins 20. Jahrhundert hinein eine der schnellsten Möglichkeiten, wichtige Informationen zu übermitteln.

Doch nun ist diese Ära vorbei: Die Deutsche Post stellt ihren Telegramm-Service zum Jahresende ein. Das Angebot sei zuletzt kaum noch genutzt worden, begründete ein Unternehmenssprecher am Donnerstag den Schritt. Die Post folge damit dem Beispiel vieler anderer Postunternehmen weltweit. Zuvor hatten das Verbraucherportal "Paketda" und die "Welt" darüber berichtet.

Ein Telegramm war teuer

Unternehmen hätten Telegramme zuweilen noch für Mahnungen oder als Zeichen der Anerkennung für langjährige Mitarbeiter bei Firmenjubiläen genutzt, aber auch das sei immer seltener geworden, so der Postsprecher. Mit der Verbreitung des Telefons und erst recht mit dem Aufkommen von Internet und Smartphone verlor das Telegramm dramatisch an Bedeutung.

Ein Telegramm aufzugeben war auch etwas umständlicher als ein paar Zeilen in sein Smartphone zu tippen. Der zu verschickende Text musste bei der Post oder im Telegrafenamt persönlich oder telefonisch diktiert werden. Dieser Text wurde dabei meist per Fernschreiber zu einem Post- oder Telegrafenamt in der Nähe des Empfängers übermittelt und dann per Bote zugestellt.

Ein Geburtstags-Telegramm aus dem Jahr 1931
Ein Geburtstags-Telegramm aus dem Jahr 1931
© Arkivi / Imago Images

Preislich hatte es ein Telegramm auch in sich: Ein Mini-Telegramm mit bis zu 160 Zeichen kostete zuletzt mindestens 12,57 Euro, ein Maxi-Telegramm mit bis zu 480 Zeichen 17,89 Euro – in der einfachen Variante. Mit Schmuckblatt wurden 21,98 Euro fällig. Eine SMS, eine WhatsApp-Nachricht oder ein Tweet sind da deutlich kostengünstiger.

Eigener Sprachstil durch Telegramme entwickelt

Aufgrund dieser gesalzenen Preise entwickelte sich sogar ein eigener Sprachstil mit Kurzformen statt kompletten Sätzen. Eine typische Formulierung war etwa: "Ankomme Samstag 20 Uhr Oma". Telegrammstil nannte sich das.

Das erste Telegramm wurde 1844 von dem Amerikaner Samuel Morse, nach dem das Morse-Alphabet benannt ist, verschickt. Die Nachricht wurde zwischen Washington nach Baltimore übermittelt. In den 1870er-Jahren waren Telegramme dann weit verbreitet. Die Bundespost verzeichnete den Höhepunkt 1978 mit rund 13 Millionen Telegrammen. 2012 war die Zahl dann aber so gering, dass die Deutsche Post sich nicht mehr die Mühe machte, sie zu zählen. So vereinzelt wurden Telegramme nur noch aufgegeben, schrieb damals die "Welt".

Das Telegramm ist allerdings nicht das einzige in die Jahre gekommene Telekommunikationsangebot, von dem sich die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland im kommenden Jahr verabschieden müssen.

Abschied auch von Telefonzellen

Ende Januar schaltete zudem die Deutsche Telekom ihre letzten verbliebenen öffentlichen Telefone ab, wie sie im Oktober ankündigte. Bereits seit Ende November kann man an den rund 12.000 übrigen Geräten nicht mehr mit Bargeld zahlen. Ende Januar endet auch die Möglichkeit, die Telefonsäulen mittels Telefonkarten zu nutzen.

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Der erste "Fernsprechkiosk" war 1881 in Berlin aufgestellt worden. Zu Hochzeiten gab es in Deutschland mehr als 160.000 Telefonzellen. Doch sie verschwanden in den vergangenen Jahrzehnten allmählich aus dem Stadtbild, weil sie spätestens mit der Verbreitung des Mobilfunks kaum noch jemand nutzte. Fast jedes dritte öffentliche Telefon habe im letzten Jahr keinen einzigen Euro Umsatz gemacht, berichtete die Telekom im Oktober. Auch der Durchschnittserlös je Standort liege nur noch bei wenigen Euro im Monat. Das stehe in keinem Verhältnis zu den Kosten für den Unterhalt. Bis die letzten Telefonsäulen und Telefonhäuschen abgebaut sein werden, wird es nach Unternehmensangaben aber wohl 2025 sein.

rw /

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