"Guten Tag" sagen können die Packstationen in Deutschland zwar noch nicht, aber das kann ja noch werden. Bis 2011 will die Deutsche Post ihre letzten 750 noch selbst betriebenen Filialen aufgeben. Ab dann übernehmen nur noch Automaten und Subunternehmer das Kundengeschäft. Damit spart die Post eine Menge Geld. Pro geschlossener Filiale erhofft sie sich eine Kostenersparnis von über 50 Prozent.
2000 Mitarbeiter sind von der Entscheidung betroffen, die schon seit Monaten im Unternehmen fest steht. Bereits im März hatte die Post angekündigt, sich von einem Großteil der eigenen Filialen trennen zu wollen. Am Freitag bestätigte sie einen Bericht der "Westfalen-Post", nach dem die Firma ihr Kundengeschäft komplett automatisieren und auslagern will. Zu Entlassungen solle es aber nicht kommen, die Mitarbeiter würden in anderen Unternehmensteilen untergebracht.
Es ist der letzte Schritt eines langen Weges, den die Post in den vergangenen Jahren vorbereitet hat. Stück für Stück hat sie sich von ihren Filialen getrennt. Weil das Unternehmen aber per Gesetz dazu verpflichtet ist, mindestens 12.000 Annahmestellen in Deutschland zu betreiben, arbeitet sie mit dem Einzelhandel, vorwiegend Supermärkten, Kiosks und Tankstellen, zusammen. Die Filiale ist dort praktisch in das vorhandene Ladengeschäft integriert und wird von dessen Inhabern auch betrieben. 11.900 der 12.650 Poststellen in Deutschland arbeiten mittlerweile so.
Längere Schlangen in den Großstädten
Für Elmar Müller eine schlechte Entwicklung. Das Vorstandsmitglied beim Verband für Post und Telekommunikation, der sich selbst als Vertreter der Postkunden sieht, rechnet durch die jüngste Entscheidung der Post mit weiteren Service-Einbußen. "Die Filialen, die jetzt noch geschlossen werden, sind zum größten Teil in den Großstädten", sagt er. "Und dort wird man mit Sicherheit nun länger anstehen müssen." Sein Verband bekomme schon heute regelmäßig Mitteilungen von unzufriedenen Kunden.
Die Post glaubt das nicht. Gerade bei den Öffnungszeiten habe sich eine Menge getan, so ein Sprecher des Konzerns. "Die neuen Angebote werden von den Kunden hervorragend angenommen", sagt er stern.de. Da vor allem Supermärkte auch bis 20 Uhr geöffnet hätten, profitierten auch die Postkunden davon.
Das gilt allerdings nicht für ländliche Regionen. Anders als in der Stadt, gibt es hier nur abgespeckte Versionen der Postagenturen, die zum Teil nur zwei Stunden am Tag geöffnet sind und bestimmte Dienstleistungen nicht anbieten. "Wenn Sie einem Käufer von Ebay zum Beispiel ein versichertes Paket schicken wollen, müssen sie in der Regel schon heute 10 bis 20 Kilometer zur nächsten Annahmestelle fahren, weil das die kleinen Postservice-Shops gar nicht anbieten", sagt Elmar Müller. Dazu komme noch die schlechte Ausbildung. "Die Mitarbeiter der Post müssen normalerweise eine dreijährige Lehre hinter sich bringen", sagt er. "Um eine Partnerannahmestelle zu leiten, braucht man lediglich ein dreiwöchiges Seminar." Bei komplizierten Versandarten, zum Beispiel ins Ausland, kann der Kioskbesitzer mit der Post-Annahmestelle dann wahrscheinlich nicht mehr helfen.
Bezahlung unterm Mindestlohn
Entsprechend gering werden sie auch bezahlt. 400 Euro bekommt ein Unternehmer im Monat, wenn er nebenher eine der abgespeckten Annahmestellen betreibt. Wenig Geld für die mittelständischen Firmen. "Das rechnet sich kaum", sagt Elmar Müller, dessen Verband auch Partner der Post vertritt. "Profit macht man nur, wenn die Kunden neben der Briefmarke auch ein Pfund Kaffee mitnehmen."
400 Euro - das ist in Deutschland auf Niveau der so genannten "Minijobs" und deutlich weniger, als der Mindestlohn in der Branche vorsieht, den auch die Post vehement vertreten hat. Denn bezahlt werden lediglich zwei Stunden Arbeit am Tag. "Das ist utopisch, es ist deutlich mehr, was man da leisten muss", sagt Müller. "Hier nutzt die Post ihre Partner regelrecht aus."
Ähnliche Kritik kam auch vom Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste, der unter anderem auch den Post-Konkurrenten Pin-Group vertritt, der durch die Höheren Kosten aus dem Mindestlohn zum Teil Insolvenz anmelden musste. "Dass nun ausgerechnet die Deutsche Post ihre marktbeherrschende Stellung dazu nutzt, um sich trickreich vor ihrem eigenen Mindestlohn zu drücken, ist eine Ohrfeige für ihre politischen Helfer", sagt der Präsident des Verbandes Florian Gerster.
Prinzip Selbstbedienung
Mittlerweile setzt die Post aber auch auf ein anderes Prinzip: Selbstbedienung. In den kommenden Jahren will das Unternehmen die Zahl ihrer automatisierten Paketstationen deutlich erhöhen. In Berlin läuft derzeit sogar ein Pilotprojekt, bei dem so genannte "Postinseln" das Präsenzkundengeschäft ganz übernehmen sollen. 45 von ihnen sollen bis zum Ende des Jahres in der Hauptstadt aufgebaut sein und sowohl das Geldabheben, als auch den Brief- und Postversand ermöglichen. Sieben Tage in der Woche, rund um die Uhr.
Bis 2011 wird die Post dann also auch wissen, inwieweit diese Stationen von den Kunden angenommen werden. In der Internet-Welt "Second life" jedenfalls scheint das Geschäft an der Filiale auch nicht zu funktionieren. Im vergangenen Februar jedenfalls zog sich die Firma offiziell aus dem Online-Rollenspiel zurück, nachdem sie ein Jahr zuvor eine aufwendige und teure Kopie ihres Bonner Firmenhauptsitzes dort eingestellt hatte. Vielleicht versucht sie es ja demnächst noch einmal - mit einer Packstation.