Das Weihnachtsgeschäft steht vor der Tür - für DHL, Hermes, UPS und Co. beginnt die heiße Phase. Der Online-Handel boomt und somit wird die besinnliche Vorweihnachtszeit für die Mitarbeiter der Paketfirmen die Hölle. Der Bundesverband Paket & Expresslogistik (BIEK) rechnet damit, dass bis zu 30 Millionen Pakete mehr verschickt werden als im Vorjahr. Täglichen werden bis zu 15 Millionen Sendungen zugestellt - das ist ein absoluter Rekord. Das treibt den Umsatz der Lieferfirmen. Doch bei den Fahrern bleibt wenig hängen. Auch weil sie meist gar nicht bei den Logikstikunternehmen beschäftigt sind.
So wie ein Tscheche, von dem die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Er ist bei einem ausländischen Subunternehmen der Post angestellt, fährt aber in Deutschland Briefe und Pakete aus. Dennoch ist er viele Euros vom Mindestlohn entfernt. Er bekommt einen monatlichen Grundlohn von 550 Euro, so die Zeitung. Doch der Fahrer wehrt sich nun und hat vor dem Arbeitsgericht in Bonn nicht sein Subunternehmen an den Pranger gestellt, sondern die Deutsche Post. Er fordert von dem Unternehmen 8302,50 Euro, die ihm seiner Meinung nach für die Monate vom Oktober 2015 bis August 2016 zustehen. Die Post will sich zu dem konkreten Verfahren nicht äußern.
Mindestlohn über Subunternehmen umgehen
Dieser Schritt ist bislang neu, denn schließlich sind gerade die osteuropäischen Mitarbeiter, die mit Hungerlöhnen nach Hause geschickt werden, eben nicht direkt bei der Post beschäftigt. Und die so genannten Servicepartner haben ihre Firmensitze im Ausland und müssen daher den Mindestlohn, der in Deutschland gilt, nicht zahlen. Die Post verpflichtet die Subunternehmen, "bereits bei der Ausschreibung zur Einhaltung aller gesetzlichen Regelungen, wie der geltenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen sowie explizit auch der Beachtung des Mindestlohngesetzes", so eine Post-Sprecherin zur "Süddeutschen Zeitung". "Dies lassen wir uns bei Vertragsabschluss durch den jeweiligen Auftragnehmer schriftlich bestätigen."
Mindestlohn für Paket-Zusteller
Doch die Verdi-Anwälte, die den tschechischen Fahrer vertreten, glauben im Mindestlohngesetz eine Lücke entdeckt zu haben. Dort ist festgelegt, dass Unternehmen zur Kasse gebeten werden können, wenn Subunternehmen den Angestellten nicht den ihnen zustehenden Lohn zahlen. Doch durchgesetzt hat das bislang noch keiner. Sollte der tschechische Fahrer mit seiner Klage Erfolg haben, hätte das Signalwirkung für die gesamte Branche. Doch für den Mann hat sein Schritt vor ein deutsches Arbeitsgericht erstmal Konsequenzen: Sein Chef hat ihn im November 2016 von der Arbeit freigestellt.

"Mafiöse Strukturen" bei den Paket-Unternehmen
Sein Kampf für faire Entlohnung könnte der gesamten Branche helfen: Gerade bei den Paket-Fahrern seien die Arbeitsverhältnisse oftmals prekär, berichtet der stellvertretende Bundesvorsitzende der Zoll-Gewerkschaft, Thomas Liebel, der "SZ". "Die mafiös angelegten Strukturen" der Branche seien allerdings durch den Zoll kaum zu kontrollieren. Dafür seien es zu wenig Beamte.