Der berühmte »Moulinette«-Zerkleinerer von Moulinex hat seit den 60er Jahren unzähligen Hausfrauen die Arbeit erleichtert. Doch jetzt ist das Ende des Traditions-Unternehmens abzusehen, dessen Produkte zusammen mit Bic und Danone zu den bekanntesten französischen Markenartikeln gehören. Die Einleitung des Insolvenzverfahrens gibt den 21.000 Angestellten in den weltweit 30 Fabriken noch sechs Monate Schonfrist, doch in den Betrieben macht man sich nur wenig Hoffnungen auf die Zukunft.
Enorme Schuldenlast
»Ich verstehe diese desolate Situation nicht. Wir haben gute Produkte hergestellt und auch neue Geräte entwickelt - die Chefs müssen schlecht gewirtschaftet haben«. Die Gewerkschaftsvertreterin Martine vor der Moulinex-Fabrik im nordfranzösischen Alencon gehört zu den Streikposten, die seit neun Tagen vor der Fabrik ausharren und gelegentlich Reifen in Brand setzen. Bereits im April wurde die Streichung von 4.000 Arbeitsplätzen und die Schließung von sechs Produktionsstätten angekündigt. Das Unternehmen wird von seinen Schulden erdrückt, die Ende 2000 etwa 766 Millionen Euro (1,52 Mrd DM) ausmachten. Seitdem hat sich die Lage noch verschlimmert.
»Die haben uns seit Jahren belogen und uns etwas vorgemacht«, sagt die 47-jährige Mauricette, die seit 20 Jahren für Moulinex gearbeitet hat. »Wo soll ich in meinem Alter noch Arbeit finden?«, fragt sie mit tränenerstickter Stimme.
Hoffnung auf Übernahme
Die bange Frage, wie es mit der Herstellung von Kaffee-Maschinen, Mikrowellen, Bügeleisen und Wassererhitzern von Moulinex jetzt weitergehen soll, kann zur Stunde niemand beantworten, auch wenn Moulinex-Chef Patrick Puy weiterhin Optimismus verbreitet. Er hofft auf eine Übernahme, auch wenn Marktexperten das Gegenteil behaupten. Potenzielle Kandidaten gibt es nur im hochwertigen Produktbereich - nicht in der preisgünstigen Sparte von Moulinex. Das Unternehmen hat besonders bei Mikrowellen die Billig-Konkurrenz aus Fernost unterschätzt und sich nicht rechtzeitig auf hochwertige Produkte umgestellt, meinen Experten. Es wird sogar das Schreckgespenst an die Wand gemalt, dass die gesamte Produktion aus Europa nach Fernost verlegt wird.
Enger Markt, harte Konkurrenz
Die Krisengeschichte von Moulinex begann kurz nach dem Tod des Firmengründers Jean Mantelet 1991. Er hatte 1935 in einer kleinen Fabrik in Alencon in der Normandie die erste »Moulinette« lanciert. Mantelet starb 90-jährig in der Hoffnung, die Zukunft seines Unternehmens durch die Bildung der Finanzgesellschaft Moulinex gesichert zu haben. Doch der Markt für Haushaltsgeräte wurde enger, die Konkurrenz härter, es folgten Krisen und Entlassungen und die Verschuldung wuchs. Verschärft wurde die Lage ab 1998 durch die Krise in Russland, dem größten Absatzmarkt außerhalb Frankreichs, und in Brasilien, wo Moulinex Unternehmen für teures Geld aufgekauft hatte.
Notwendiger Kapitalzuschuss verweigert
Da konnte im vergangenen Jahr auch die Fusion mit der Firma Brandt, die Groß-Geräte wie Kühlschränke und Waschmaschinen herstellt, den Abstieg nicht mehr aufhalten. Die italienischen Mehrheitsaktionäre der Holding El.Fi wollten damals ehrgeizig zum europäischen Marktführer aufsteigen, doch am vergangenen Freitag ist ihnen die Puste ausgegangen. Sie verweigerten in letzter Minute den notwendigen Kapitalzuschuss. In sechs Monaten wird man wissen, ob Moulinex-Brandt völlig vom Markt verschwindet oder ob eine Weiterexistenz in anderer Form noch möglich ist.
Petra Klingbeil