Gesundheitsreform Kassen wollen Beitragssätze senken

Millionen Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) können laut Ministerin Schmidt 2004 auf breiter Front damit rechnen. - Nur Höhe und Zeitpunkt stehen noch nicht fest.

Die Krankenkassen wollen im kommenden Jahr nun doch auf breiter Front ihre Beitragssätze senken. "Alle wollen senken, weil sie im Wettbewerb stehen", sagte der Sprecher des AOK-Bundesverbandes, Rainer Eikel, am Dienstag. Umfang und Zeitpunkt der Reduzierungen stehen aber in den meisten Fällen noch nicht fest. Erst ab Ende November werden die Verwaltungsräte die Zahlen des dritten Quartals vorliegen haben und auf dieser Grundlage die Entscheidung treffen können.

Schmidt rechnet fest mit Reduzierung

Am Montag hatte eine Umfrage des ZDF-Wirtschaftsmagazins WISO für Aufregung gesorgt, wonach die meisten Kassen ihre Beiträge zum 1. Januar trotz der Gesundheitsreform nicht senken wollen. AOK-Sprecher Eikel hält diese Aussage nicht für seriös: "Die Entscheidungen darüber können jetzt noch gar nicht gefallen sein, da bislang keine soliden Zahlen für die Haushaltsplanung 2004 vorliegen." Auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt geht weiter fest von niedrigeren Beiträgen im kommenden Jahr aus.

Kassen zur Senkung gesetzlich verpflichtet

Durch die Reformgesetze der Bundesregierung würden die Kassen um neun bis zehn Millionen Euro entlastet, betonte die SPD-Politikerin im ZDF-Morgenmagazin: "Die Kassen sind gesetzlich verpflichtet, das an die Patienten weiter zu geben." Dies sei auch überprüfbar, denn jede Krankenkasse müsse ihren Haushaltsplan zur Prüfung vorlegen: "Dann muss man sehen, was ist an Beitragsvolumen da, was muss als Beitragssenkung weitergegeben werden", sagte Schmidt. Nach ihren Vorstellungen soll der durchschnittliche Beitragssatz von derzeit 14,3 Prozent des Bruttoeinkommens um 0,7 Punkte auf 13,6 Prozent fallen. In der GKV sind insgesamt rund 70 Millionen Bundesbürger krankenversichert. Ein knappes Drittel davon ist beitragsfrei mitversichert.

Kürzungen beim Weihnachtsgeld tun Kassen weh

Auch eine Sprecherin der Barmer Ersatzkasse betonte: "Wir wollen im nächsten Jahr senken." Nach Angaben von Barmer-Chef Eckart Fiedler soll darüber am 12. Dezember entschieden werden. Wie viel und wann reduziert werde, hänge aber auch von der Entwicklung der nächsten Wochen ab. Entscheidend sei, wieweit die Kürzungen beim Weihnachtsgeld die Einnahmen der Kassen im vierten Quartal schmälerten.

Beitrag als Wettbewerbsfaktor

Auch die Mitglieder der Gemünder Ersatzkasse können nach Angaben eines Sprechers mit niedrigeren Beiträgen 2004 rechnen. Anfang Dezember werde der Verwaltungsrat tagen und sich mit der Planung für das kommende Jahr beschäftigen. Die Techniker Krankenkasse (TK) will am 28. November entscheiden. Eine Sprecherin wies darauf hin, dass die Beitragssätze der wichtigste Wettbewerbsfaktor seien: "Alle Kassen werden daher jeden Spielraum nutzen, um senken zu können."

Verzicht wäre "fahrlässig und dumm"

Nach Angaben des Sprechers des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen (VdAK), Martin Plass, wäre es sogar "fahrlässig und dumm", auf Beitragsreduzierungen zu verzichten: "Die Beitragssätze sind das entscheidende Kriterium im freien Wettbewerb zwischen den Kassen." Zudem müssten alle Kassen ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen: Die Einsparungen, die sich aus der Gesundheitsreform ergäben, müssten zunächst dazu genutzt werden, Defizite auszugleichen und Kredite abzubauen. Was dann übrig bleibe, müsse an die Versicherten weiter gegeben werden. "Und das wird auch geschehen", betonte der VdAK-Sprecher.

Auch Bkks überlegen Senkung

Bei den meisten Betriebskrankenkassen wird ebenfalls über eine Verbilligung nachgedacht: Im Schnitt werden sie im Frühjahr ihre Beitragssätze um 0,3 oder 0,4 Prozent herab setzen, wie Florian Lanz vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen dem Berliner "Tagesspiegel" sagte. Aber auch hier entscheidet sich erst in den nächsten Wochen, welche Konditionen im einzelnen gelten werden.

DPA
Froben Homburger

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