"Goldener Windbeutel" "Zuckrige Kinder-Werbelüge": Pom-Bär-Snack gewinnt Negativpreis

Kandidat 2: Pom-Bär Ofen Minis  Intersnack bewirbt die beiden Pom-Bären-Varianten damit, dass sie "50 Prozent weniger Fett" im Vergleich zu herkömmlichen Kartoffelsnacks enthalten. Was der Hersteller lieber nicht groß vorne drauf schreibt: Die Ofen-Minis enthalten fünfeinhalb bis sechs Mal so viel Zucker wie die Original-Pom-Bären. Damit dürften sie laut WHO-Empfehlungen nicht an Kinder vermarktet werden, was durch die Comic-Anmutung aber passiert, kritisiert Foodwatch. Intersnack erklärt den höheren Zuckergehalt mit dem enthaltenen Weizenmehl, das die Kartoffelstärke in Zucker umwandelt. Den Vorwurf des Kindermarketings versucht das Unternehmen mit dem Hinweis zu entkräften, man sei eine Familienmarke, die sich an "die Zielgruppe der Eltern und Familien" richte. "Reine Kinderumfelder" schließe die Werbestrategie in Fernsehen und Online aus.
Weniger Fett, aber mehr Zucker: Die Pom-Bär Ofen Minis erhalten den Negativpreis des "Goldenen Windbeutel"
© Foodwatch
Die Organisation Foodwatch hat Verbraucher über die "dreisteste Werbelüge des Jahres" abstimmen lassen. Mehr als 50.000 Menschen haben mitgemacht – und einen Pom-Bären-Snack zum "Gewinner" gekürt.

Mit der Verleihung des "Goldenen Windbeutels" prangert die Organisation Foodwatch Etikettenschwindel und Verbrauchertäuschung an. In diesem Jahr erhalten die Pom-Bär Ofen Minis von Hersteller Intersnack den Negativpreis. Bei einer Online-Abstimmung mit mehr als 50.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern erhielt der Ofensnack die meisten Stimmen. Foodwatch hatte zuvor fünf Produkte zur Wahl gestellt, um die "dreisteste Werbelüge des Jahres" zu ermitteln.

Das Pom-Bär-Produkt erhielt bei der Foodwatch-Abstimmung 28 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen. Auf Platz zwei wurde die Trinkmahlzeit Yfood (22,4 Prozent) vor dem Porridge der Firma 3 Bears (20,2 Prozent) gewählt. Auf den weiteren Plätzen landeten der Philadelphia-Frischkäse mit Ziegenkäse (20 Prozent) und der Tuc-Snack Bake Rolls (9,4 Prozent), beides von Hersteller Mondelez. Foodwatch verleiht den Negativpreis seit 2009. Beim letzten Mal hatte Rewe den Goldenen Windbeutel für Klimaneutral-Werbung auf Hähnchenfleisch bekommen und diese später eingestellt.  

Diskussion um Kinder-Werbung 

Der Pom-Bär-Snack steht in der Kritik, weil er mit dem Versprechen "50 Prozent weniger Fett" wirbt und sich so als gesündere Variante anbietet. Allerdings enthalten die kritisierten Bärenchips gleichzeitig deutlich mehr Zucker als die Original-Pom-Bären, nämlich je nach Sorte 12 oder 13 Gramm Zucker je 100 Gramm statt 2,2 Gramm in der ursprünglichen Variante. Die knuffige Bärenform richtet sich zudem nach Ansicht von Foodwatch eindeutig an Kinder. "Die Verbraucher:innen strafen Intersnack für seine zuckrige Kinder-Werbelüge ab", sagt Rauna Bindewald von Foodwatch. "Intersnack will mit seinen fettreduzierten Chips offenbar gesundheitsbewusste Eltern ansprechen – und verschweigt den hohen Zuckergehalt der Ofen-Pom-Bären. Mit '50 Prozent weniger Fett' zu werben und gleichzeitig den Zuckergehalt zu erhöhen – das passt nicht zusammen." 

Hersteller Intersnack betonte in einer Stellungnahme gegenüber dem stern, sich mit seiner Werbung nicht an "reine Kinderumfelder" zu richten, sehr wohl aber an "Eltern und Familien". Dazu heißt es: "Wir haben uns als Familienmarke proaktiv dazu entschieden, unsere Ansprache auf die Zielgruppen der Eltern und Familien auszurichten. Dementsprechend schließt auch unsere Media-Strategie reine Kinderumfelder, sowohl im TV als auch online, aus. Ein fester Bestandteil jeder Kommunikationsmaßnahme sind die Pom-Bär Markenwerte, die für Spaß mit der Familie und Freunden, Genuss und Harmonie stehen." 

Die Ofen-Minis richteten sich an Konsumentinnen und Konsumenten mit dem Bedürfnis nach weniger Fett. Den höheren Zuckergehalt erklärt die Firma damit, dass die Kartoffelstärke im Teig durch Enzyme aufgespalten und in Zucker umgewandelt wird. "Aufgrund des Zusammenspiels der Hauptzutaten Kartoffel und Weizenmehl" enthielte die Variante daher "mehr Zucker als übliche Kartoffelsnacks".

Interessant ist die Wahl der Verbraucher auch deshalb, weil die Bundesregierung gerade an einem Gesetz arbeitet, dass Fernsehwerbung für Lebensmittel voller Zucker, Fett und Salz einschränken soll, um die Gesundheit von Kindern zu schützen. Gesundheitsminister Cem Özdemir von den Grüne hat dazu im Februar einen weitreichenden Gesetzesentwurf vorgelegt, wer umfassende Verbote von Werbeclips zwischen 6 und 23 Uhr vorsieht. Teile der Industrie waren dagegen Sturm gelaufen und auch die FDP hatte Einwände erhoben. Welche konkreten Regelungen letztlich den Weg ins Gesetz finden, ist noch unklar.