Hartz-IV-Folgen Kündigungswelle bei Lebensversicherungen

Hartz IV verunsichert die Massen. Nun berichten mehrere große Versicherungsgesellschaften, dass bei ihnen stapelweise Kündigungen von Lebensversicherungen eingehen.

Die Regelungen zum Arbeitslosengeld II haben offenbar zu einer Kündigungswelle bei Lebensversicherungen geführt. Vertreter mehrerer Versicherungsgesellschaften berichteten in der "Financial Times Deutschland" (Montagausgabe) von einer großen Verunsicherung bei den Kunden wegen der mit dem Hartz-IV-Gesetz verbundenen Pflicht zur Offenlegung des Vermögens bei Langzeitarbeitslosen.

Große Unruhe unter den Kunden

"Bei uns stapeln sich die Kündigungen und Anfragen für Kündigungen wegen Hartz IV", sagte ein Vertreter der Volksfürsorge. Die Axa-Versicherung registrierte laut dem Bericht ebenfalls eine große Unruhe unter ihren Kunden. "Drei Viertel aller Beratungsgespräche im Bereich der Vorsorge drehen sich nur noch um Hartz IV - und enden erfolglos", sagte Ulrich Brock, Vertreter der Axa und Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). Brock schätzt, dass 50.000 bis 70.000 Verträge in diesem Jahr gekündigt werden.

Bei der Aachener und Münchener Lebensversicherung stieg die Stornoquote bereits im ersten Halbjahr von 7,0 auf 7,8 Prozent, auch wegen Hartz IV. Die Quote misst das Verhältnis der Kündigungen zu den laufenden Beitragseinnahmen. Kündigungen kommen den Versicherungen zufolge vor allem von Kunden, "die direkt nichts mit Hartz IV zu tun haben, aber die Möglichkeit fürchten, darunter zu fallen", sagte der Vertreter der Volksfürsorge.

Betroffene Arbeitslose haben bereits vor zwei Jahren gekündigt

Die betroffenen Arbeitslosen hätten bereits vor zwei Jahren scharenweise gekündigt, bestätigte ein Sprecher des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): "Da waren die ersten Hartz-Maßnahmen der Auslöser." Die meisten derjenigen, die sich jetzt melden, wollen sich nach den Eindrücken der Versicherungen gar nicht erst beraten lassen, sondern gleich kündigen.

An Vorschlägen für die Neuanlage der frei gewordenen Gelder sind offenbar die wenigsten interessiert. "Die legen das Geld zu Hause unter die Matratze", sagte der Volksfürsorge-Vertreter. Dies gelte insbesondere für Kunden in Ostdeutschland.

Experten raten Arbeitslosen, ihre Lebensversicherung nicht voreilig wegen der Hartz-IV-Reform zu kündigen. Die Betroffenen sollten sich erst einmal ausführlich von einer Verbraucherzentrale beraten lassen, sagte Werner Hesse vom Paritätischen Wohlfahrtsverband am Montag im ZDF-Morgenmagazin. In manchen Fällen sei es beispielsweise ratsam, die vorhandene Lebensversicherung auf die Riester-Rente umzustellen. Überstürzte Kündigungen führten meist zu hohen Verlusten.

AP