Nach einem einjährigen Tauziehen wird die EU am heutigen Dienstag Deutschland endgültig wegen seiner überhöhten Neuverschuldung zur Verantwortung ziehen. Die Finanzminister des Eurolandes machten in der Nacht zum Dienstag den Weg frei für das geplante Defizit-Strafverfahren. Dabei drohen Berlin in letzter Konsequenz milliardenschwere Strafen. Zu solchen Sanktionen wird nach den Regeln des Stabilitätspaktes aber erst gegriffen, wenn Deutschland die Empfehlungen aus Brüssel wiederholt ignoriert.
Spar-Zusagen müssen umgesetzt werden
Die offizielle Entscheidung soll heute im Kreis der Finanzminister aller 15 EU-Staaten fallen. Beim deutschen Fall wird kein Streit erwartet. Dagegen wird beim geplanten Blauen Brief gegen Frankreich noch eine Debatte erwartet, da Paris die von Brüssel vorgeschlagene Verpflichtung zum Haushaltsausgleich 2006 nicht hinnehmen will. Möglicherweise wird es zum Blauen Brief eine Abstimmung der Ressortchefs geben. Paris kann jedoch alleine diese Defizitfrühwarnung nicht blockieren.
Für Deutschland geht mit dem Strafverfahren wegen Verletzung des Euro-Stabilitätspaktes ein über einjähriger Streit zu Ende. Im Janaur 2002 hatte die Kommission für Deutschland einen Blauen Brief vorgeschlagen, der jedoch von den Finanzministern abgeblockt wurde. Deutschland hatte im vergangenen Jahr eine Neuverschuldung von 3,75 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt erreicht, erlaubt sind höchstens drei Prozent. Frankreich könnte im laufenden Jahr einen Wert von 2,8 Prozent erreichen.
EU-Währungskommissar Pedro Solbes sagte nach der Sitzung der so genannten Eurogruppe, Deutschland könne im laufenden Jahr die Defizitgrenze von drei Prozent vom BIP einhalten, falls alle Spar-Zusagen der rot-grünen Koalition in Berlin umgesetzt werden. Zudem müsse das Wachstum «auf Kurs bleiben», sagte der Kommissar. Zu der deutschen Diskussion zu einer möglichen Absenkung der Wachstumsprognose von derzeit 1,5 Prozent für 2003 nahm Solbes keine Stellung.