Ifo-Index Geschäftsklima überraschend trüb

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist so schlecht wie seit fast zwei Jahren nicht mehr. Hoffnungen setzt die Wirtschaft auf die bevorstehende Bundestagswahl.

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Mai überraschend deutlich verschlechtert. Der Ifo-Geschäftsklimaindex sank von 93,3 Punkten im Vormonat auf 92,9 Punkte, teilte das Ifo Institut für Wirtschaftsforschung am Mittwoch mit, das war der vierte Rückgang in Folge. Eine konjunkturelle Verbesserung sei für die kommenden Monate leider nicht zu erwarten. Viele Experten hatten eine Stagnation des Konjunkturbarometers erwartet.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat den erneuten Rückgang des Ifo-Geschäftsklimaindexes als wenig aussagekräftig für die Konjunktur bezeichnet. Wenn es in der Pressemitteilung des Institutes heiße, die Konjunkturaussichten hätten sich leider nicht verbessert, sei das bemerkenswert, sagte Clement in Berlin. "Wir haben die besten (Konjunkturaussichten) zurzeit seit vielen Jahren."

Neuwahlen könnten die Stimmung etwas heben

Während sich die Urteile zur aktuellen Geschäftslage stabilisierten, schätzten die rund 7000 befragten Unternehmen ihre Zukunftsaussichten deutlich schlechter ein. Dabei zeigte sich die Industrie skeptischer für die Exportchancen. Das krisengeschüttelte Baugewerbe beurteilte die aktuelle Geschäftssituation negativer und war auch für die kommenden Monate pessimistischer. "Eine konjunkturelle Verbesserung ist für die nächsten Monate leider nicht zu erwarten", erklärte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Die für den Herbst geplanten Neuwahlen könnten dem Ifo zufolge die Stimmung etwas verbessern.

Analysten sprachen von einem enttäuschenden Geschäftsklima, zumal sich der Ölpreis entspannt und der Aktienmarkt gut entwickelt habe. Andreas Scheuerle von der DekaBank machte die zuletzt weniger günstigen außenwirtschaftlichen Indikatoren als Grund für den Ifo-Rückgang aus: "Das weckt Sorgen über die Auslandabsätze."

EZB soll Leitzins senken

Als Konsequenz aus der mauen Wirtschaftsentwicklung forderte das Ifo eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB). "Die weiter schwachen Daten sprechen weiterhin dafür", sagte Abberger. DekaBank-Analyst Scheuerle zeigte sich aber gewiss: "Die EZB wird die Zinsen nicht senken." Dagegen spreche, dass das Geldmengenwachstum noch immer aus dem Ruder laufe. In den letzten Wochen hatten Notenbanker wiederholt eine Zinssenkung ausgeschlossen. Auch wegen der Geldmengenentwicklung will die EZB die Zinsen erhöhen, dürfte dies nach Meinung vieler Analysten aber erst im kommenden Jahr tun.

Der Export hatte die deutsche Wirtschaft im ersten Vierteljahr praktisch alleine vor einem Einbruch bewahrt. Abberger sagte, allerdings gebe es Zeichen für eine leichte Abschwächung der Exporte. Rainer Guntermann von Dresdner Kleinwort Wasserstein sagte, das Wirtschaftswachstum von einem Prozent im ersten Vierteljahr sei sicher ein Strohfeuer gewesen: "Das zweite Quartal wird merklich schwächer." Im zweiten Halbjahr sei dann mit etwas besseren Zahlen zu rechnen, eine Rezession sei nicht zu erwarten. "Es bleibt ein holpriger Verlauf", beschrieb er die weitere Konjunkturentwicklung.

Abberger sagte, ein Vorziehen der Bundestagswahl könnte in den kommenden Monaten die Stimmung der Firmen vielleicht leicht anheben, da Hoffnungen auf weitere Reformen aufkommen könnten. Guntermann sagte, man sollte aber nicht von einem starken Anstieg der Geschäftserwartungen ausgehen.

DPA · Reuters
DPA/Reuters