Der Erhalt des Unternehmens sei nicht mehr sicherzustellen, sagte AgfaPhoto-Sprecher Thomas Schulz am Mittwoch in Leverkusen. Zuvor war ein Übernahme-Angebot durch die britische Gruppe Photo-Me von Insolvenzverwalter, Geschäftsführung und dem Gläubigerausschuss als völlig inakzeptabel abgelehnt worden. "Es wird jetzt Schritt für Schritt an allen Standorten ausproduziert, zum 31.12. 2005 ist Ende für die AgfaPhoto GmbH", betonte Schulz.
Bei der Belegschaft in Leverkusen herrschte laut Betriebsrat nach monatelangem Bangen große Wut und Enttäuschung über das bevorstehende Ende von AgfaPhoto. Die Kaufofferte der britischen Photo-Me war am Dienstagabend abgelehnt worden, da es im Vergleich zu einem früheren Angebot eine Verschlechterung im Vertragsentwurf gab. Vor allem habe eine Arbeitsplatzgarantie gefehlt, sagte AgfaPhoto-Geschäftsführer Hans-Gerd-Jauch. Bei einer Komplettübernahme durch Photo-Me war auf die Rettung von 400 Arbeitsplätzen gehofft worden.
Hintergrund
Agfa brachte 1936 den ersten modernen Farbfilm auf den Markt. Das seit 1897 eingetragene Warenzeichen ist eine Kurzbezeichnung aus den Wörtern "Actien-Gesellschaft für Anilin-Fabrikationen". Das erste Agfa-Fotoprodukt war 1889 ein Entwickler. Im Jahr 1964 schloss sich die deutsche Agfa mit der belgischen Gevaert Photo-Producten zusammen. Im ersten Halbjahr 2004 rutschte die Fotosparte tiefer in die roten Zahlen. Der Spartenumsatz ging angesichts des Digitalbooms und eines Preisverfalls um fast 18 Prozent auf 363 Millionen Euro zurück.
Im November 2004 verkaufte Agfa-Gevaert seine Foto-Stammsparte mit Fotopapier, Fotochemikalien und Laborgeräten für 175,5 Millionen Euro. Das neue, selbstständige Unternehmen AgfaPhoto GmbH mit Hauptsitz Leverkusen gehört Finanzinvestoren und Managern. Die Agfa-Gevaert-Zentrale zog mit dem Börsengang 1999 nach Belgien um.
Parallel zu der noch am Mittwoch beginnenden Abwicklung sollten Gespräche mit potenziellen Investoren geführt werden, die sich jeweils für Teile der Unternehmens interessierten. So habe der japanische Fotohersteller Fuji Interesse an der Großlaborgeräte-Produktion im bayerischen Peiting mit 60 Beschäftigten bekundet und für diesen Donnerstag ein Angebot angekündigt, sagte Schulz. Es gebe weitere Interessenten, die zunächst abgewartet hätten, ob der britische Fotoautomaten-Betreiber Photo-Me zum Zuge kommen werde. In der nächsten Woche werde es voraussichtlich Gespräche mit mehreren Kandidaten geben.
Im Mai Insolvenz angemeldet
AgfaPhoto hatte im Mai dieses Jahres wegen Zahlungsunfähigkeit überraschend Insolvenz angemeldet. Erst im Herbst vergangenen Jahres war die traditionsreiche Fotosparte einschließlich Laborgeräte von der Muttergesellschaft Agfa Gevaert (Mortsel/Antwerpen) an eine Investorengruppe um den Unternehmer Hartmut Emans gegangen. Im November war die AgfaPhoto GmbH mit Sitz in Leverkusen als selbstständiges Unternehmen gestartet. Ähnlich wie die Konkurrenten Kodak und Fuji ist der Fotohersteller in den vergangen Jahren durch den Boom der Digitalfotografie in Bedrängnis geraten.
AgfaPhoto produzierte bis zur Insolvenz mit gut 1800 Beschäftigen an den Standorten Leverkusen, Köln, München, Peiting, Windhagen (Rheinland-Pfalz) und Vaihingen Enz (Baden- Württemberg). Fast 750 Mitarbeiter wechselten seitdem in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft, in der sie ein Jahr lang 90 Prozent ihres letzten Gehaltes bekommen sollen. "Aus Sicht der Geschäftsführung ist die Beschäftigungsgesellschaft für die gesamte Belegschaft vereinbart", betonte Schulz.
Mitarbeiter im weltweiten Vertrieb betroffen
Von der Abwicklung sind nach Betriebsratsangaben auch 500 Mitarbeiter im weltweiten Vertrieb betroffen. So hätten in Österreich oder Tschechien bereits mehrere Vertriebsgesellschaften ebenfalls Insolvenz angemeldet. Auch die in Köln ansässige AgfaPhoto Germany mit rund 70 Beschäftigten sei diesen Schritt vor wenigen Tagen gegangen.