KarstadtQuelle Sanierung ohne Alternative

Der Standpunkt von Betriebsrat und Gewerkschaft: Keine Verlängerung der Arbeitszeit, aber eventuell Verzicht auf übertarifliche Leistungen - gegen eine Beschäftigungs- und Standortsicherung. Das aber will die Konzernleitung nicht.

Die Belegschaft des angeschlagenen Handelskonzerns KarstadtQuelle ist nach Angaben aus Kreisen der Gewerkschaft Verdi zu Zugeständnissen bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld bereit. Der vom Vorstand angeregten Verlängerung der Arbeitszeit will man aber nicht zustimmen, hieß es am Dienstag aus den gut informierten Kreisen. "Die Arbeitszeit darf nicht angerührt werden", hieß es aus Kreisen der Gewerkschaft Verdi, die am Montag in Kassel mit dem Gesamtbetriebsrat über ein gemeinsames Vorgehen bei KarstadtQuelle beraten hatte. Zudem soll es einen Ausschluss betriebsbedingter Beendigungskündigungen geben. Zu einem Verzicht sei man bei übertariflichen Leistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld bereit.

Streiks derzeit kein Thema

Bei diesen Leistungen, die rund zwei bis drei Prozent des Gehaltes ausmachen, gebe es einen Verhandlungskorridor, erklärte Franziska Wiethold vom Verdi-Bundesvorstand in Frankfurt am Main. Details wollte sie nicht nennen. Dauerhafte Tarifeinschnitte seien dagegen nicht akzeptabel. Streiks sind der Gewerkschafterin zufolge derzeit kein Thema.

"Es wäre unverantwortlich, über Streiks zu reden, wenn noch nicht einmal die ersten Verhandlungen mit der Unternehmensleitung stattgefunden haben", betonte Wiethold. "Oberstes Ziel ist die Sicherung der Arbeitsplätze", ergänzte Gesamtbetriebsratsvorsitzender Wolfgang Prokriefke. Derzeit droht nach Gewerkschaftsangaben rund 7.000 Beschäftigten der Verlust ihres Jobs.

Kein Verkauf, keine Ausgliederung

Gewerkschaft und Betriebsrat fordern den Verbleib der 77 zum Verkauf stehenden kleineren Warenhäuser im Konzern. Diese hätten durchaus eine Überlebenschance, sagte Prokriefke. Die Gastronomie soll nicht ausgegliedert werden, auf betriebsbedingte Kündigungen soll verzichtet werden und die geltenden Tarifverträge sollen erhalten bleiben.

Das Management soll nach dem Willen der Arbeitnehmervertreter zusätzlich zu einem erfolgten Sanierungsbeitrag ein Sonderopfer leisten. Die Banken forderte Wiethold auf, die notwendigen Kreditlinien langfristig einzuräumen und keinen weiteren Druck aufzubauen. "Wenn die Banken Interesse daran haben, dass die Arbeitnehmer einen Beitrag leisten, brauchen wir Ruhe", sagte die Gewerkschafterin.

Sanierungsangebot von Verdi "reicht nicht"

Die angekündigten Zugeständnisse zur Karstadt-Sanierung reichen allerdings nach Angaben des Essener Konzerns nicht aus: "Dieses Angebot reicht sicher nicht aus für eine erfolgreiche Sanierung", sagte Konzernsprecher Jörg Howe am Dienstag. "Es gibt keine Alternative zu den vorgelegten Sanierungsmaßnahmen", bekräftigte er.

So schnell wie möglich wollte Warenhauschef Helmut Merkel die Gespräche mit Verdi und dem Gesamtbetriebsrat in Frankfurt aufnehmen, so Howe. "Wir müssen bis Ende Oktober zu Potte kommen", hob Howe hervor. In den Tagen zuvor hatte bereits Konzernchef Christoph Achenbach gesagt, dass es in drei bis vier Wochen eine Einigung über die Sanierungsmaßnahmen mit Verdi und dem Gesamtbetriebsrat geben müsse. Sonst würden die Gläubigerbanken und die Anteilseigner den Geldhahn zudrehen. "Dann wäre es aus", hatte er gesagt.

Clement dämpft Erwartungen

Am Dienstagabend wollten Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, sein nordrhein-westfälischer Amtskollege Harald Schartau (beide SPD) in Düsseldorf mit Karstadt-Warenhauschef Merkel und den Bürgermeistern aller betroffenen Karstadt-Standorte in Nordrhein-Westfallen zusammen kommen. Clement hatte am Montag gesagt, es dürfe durch die Sanierung bei KarstadtQuelle nicht zu leeren Innenstädten kommen.

Vor dem Treffen hatte Clement noch einmal Erwartungen an die Rolle des Staates gedämpft. "Wir wollen den Prozess sehr aufmerksam begleiten, aber der Bund und das Land (Nordrhein-Westfalen) werden sich nicht an die Stelle des Unternehmens setzen", sagte Clement am Dienstag in Berlin. Die öffentliche Hand stehe allenfalls mit den Instrumenten des Arbeitsmarktes zur Verfügung, wenn "Not am Mann wäre" und jemand in den Arbeitsmarkt entlassen werden solle. "Das hoffe ich nicht und wünsche ich nicht und möchte ich auch nicht", sagte Clement. Wenn es aber dennoch dazu komme, sei es besser, man kümmere sich sofort um die Betroffenen. "Wir wissen ja inzwischen, wie schwierig es ist, Arbeitslose in den Arbeitsmarkt zurück zu vermitteln."

Er hoffe aber, dass es zu einem einvernehmlichen Vorgehen von Konzernleitung und Belegschaft komme. Beide Seiten müssten entschlossen sein, KarstadtQuelle in eine gute Zukunft zu führen. "Alles andere würde das Unternehmen in eine äußert schwierige Lage bringen", sagte der Minister.

<em>mit Agenturen</em>