Bei der Telekom wird gestreikt. Das erste Mal so richtig. 96,5 Prozent der Befragten haben sich für einen Arbeitskampf ausgesprochen. Und vieles spricht dafür, dass sie sich damit einen Bärendienst erweisen werden. Um es vorwegzunehmen: Besser wäre es, wenn Management und Mitarbeiter die alte Tante Telekom, die noch immer in ihren Köpfen spukt, endlich gemeinsam zu Grabe trügen.
So verständlich die Bemühungen der Gewerkschaften sind, den über Jahrzehnte sorgsam gepflegten rheinischen Mikrokosmos irgendwie am Leben zu erhalten, so wenig berücksichtigt das Bemühen die Realität des Marktes. Allein im vergangenen Quartal sind wieder einmal 588.000 Kunden der Telekom davongelaufen, 484.000 von ihnen telefonieren und surfen nun bei der Konkurrenz. Sie flüchten mit Freude, weil die Wettbewerber zumeist billiger, schneller und besser bei der Kundenpflege sind.
Sicher, es ist hart für die rund 50.000 Beschäftigten im Service und den Callcentern der Festnetzsparte T-Com, die zum 1. Juli in Subunternehmen arbeiten und dort neun Prozent weniger Gehalt bekommen sollen. Auch müssen sie sich an eine 38 Stunde Woche gewöhnen - bisher waren es nur 34. Doch wieviel Mitleid können sie dafür erwarten? Die Zahlen des schrumpfenden Telefonriesen sind absolut miserabel, er steht fast überall mit dem Rücken zur Wand.
Und das liegt nicht nur am erbärmlichen Management, sondern auch am unausrottbaren Bestandsdenken der Mitarbeiter, die ihren Konkurrenten über Jahre mit Häme übergossen und blockiert haben, wo es die Technik zuließ. Mitarbeiter und Vorstandschef René Obermann hat dieses Bestandsdenken selbst als Chef der erfolgreichen Sparte T-Mobile vorgelebt: Stets wehrte er sich, seine Pfründe einem sinnvollen, modernen Marketingkonzept unterzuordnen.
Es ist an der Zeit, den Traum von der Genesung der alten Tante Telekom auszuträumen. Mit einem Streik gegen die Großkunden werden die Mitarbeiter nach den Privat- nun auch die Großkunden vergraulen. Die Bereitschaft bei der Allianz, BASF, DaimlerChrysler, der Deutsche Bank oder Volkswagen, der Telekom zu kündigen, wird wachsen. Stadtnetzbetreiber wie Netcologne, die das ganze Ruhrgebiet mit eigenen Leitungen verkabeln, warten nur darauf, die dicken Fische ins eigene Netz zu ziehen. Also: Spielt das Requiem für die Telekom, wie sie in den Köpfen der Belegschaft noch weitgehend existiert. Es wäre besser, die Kräfte zu bündeln, um einen neuen Konzern zu schaffen, der dem Markt und seinen Gesetzen endlich gerecht wird.