Die Bundesregierung hat ihre Wachstumsprognose für 2003 von zuletzt real 1,0 auf 0,75 Prozent korrigiert. Das bestätigte Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) am Montag in Berlin. Im nächsten Jahr rechne man mit zwei Prozent.
Der "Interministerielle Arbeitskreis gesamtwirtschaftliche Vorausschätzung" hat angesichts erster Hoffnungen auf eine anziehende Konjunktur im weiteren Jahresverlauf damit eine noch schlechtere Prognose vermieden. Von höchstens plus 0,5 Prozent Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts gehen zur Zeit sämtliche nationalen und internationalen Forschungs-Institutionen aus. Dem Arbeitskreis gehören unter anderem das Finanz- und das Forschungsministerium an.
Wirtschaftswissenschaftler Hickel hält Vorhersage für unverantwortlich
Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel hält neue Wachstumsvorhersage für viel zu optimistisch. "Diese Prognose ist unverantwortlich angesichts der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung und der anhaltenden Fehler der Wirtschafts- und Finanzpolitik", sagte Hickel am Montag im dpa-Gespräch. Er gehe allenfalls von einem Null-Wachstum und einer durchschnittlichen Arbeitslosenzahl von 4,5 bis 5 Millionen aus.
Keine Rezession zu erwarten
Auch Das Ende der Kämpfe im Irak hat die Stimmung in der deutschen Wirtschaft bisher nicht beflügelt. Der ifo-Geschäftsklimaindex sank im April überraschend von 88,1 auf 86,6 Punkte. Die Entspannung der Lage am Golf sei keine Initialzündung gewesen, sagte ifo-Chefvolkswirt Gernot Nerb am Montag der dpa in München. Trotz des Rückschlags rechnen die Wirtschaftsforscher aber weiterhin nicht mit einer Rezession in Deutschland.
Negativ-Meldungen aus fast allen Branchen
Der ifo-Index gilt als der wichtigste Frühindikator für die Entwicklung der deutschen Wirtschaft. Im März war der Index bereits leicht gesunken. Im April kamen negative Meldungen aus fast allen Branchen. "Überdurchschnittlich kräftig war der Rückgang in der Industrie, etwas geringer im Einzelhandel und im Bauhauptgewerbe", berichtete ifo-Chef Hans-Werner Sinn. Lediglich im Großhandel kam es zu einer leichten Stimmungsverbesserung.
Pleitewelle grassiert
Unterdessen reißt die Pleitewelle in Deutschland immer mehr Firmen mit sich. Nach Einschätzung der Kreditversicherung Euler Hermes werden in diesem Jahr 44.000 Unternehmen den Gang zum Insolvenzrichter antreten, das sind nochmals gut 6000 mehr als im Rekordjahr 2002. Angesichts der stagnierenden deutschen Wirtschaft sei keine Besserung in Sicht, teilte Euler Hermes am Montag in Hamburg mit.
Voraussichtlicher Schaden von ca. 50 Milliarden Euro
"Wenn wir keinen Aufschwung bekommen, wird die Zahl der Insolvenzen auch im nächsten Jahr weiter steigen", sagte der Chef der deutschen Organisation von Euler Hermes, Clemens Freiherr von Weichs. Der Schaden durch ausgefallene Forderungen werde in diesem Jahr rund 50 Milliarden Euro betragen, nach 51,8 Milliarden Euro im Jahr davor.
Talsohle ist erreicht
Im deutschen Mittelstand ist laut einer Studie der DZ Bank nach jahrelangem Abschwung die Talsohle erreicht. Nach einem nochmaligen Tiefpunkt Anfang 2003 hätten sich die Rahmen-Bedingungen inzwischen unter anderem wegen des Endes der Kämpfe im Irak normalisiert, sagte Chefvolkswirt Hans Jäckel am Montag in Frankfurt. Im Februar waren die Geschäftserwartungen in einer Umfrage unter 2500 Firmen erneut pessimistischer beurteilt worden. Dies sei aus heutiger Sicht aber eine "Übertreibung nach unten".