Anzeige
Anzeige

Kreditkrise "Die EZB muss zum Feuerlöscher greifen"

Die USA bekämpfen nur die Symptome und nicht die Ursachen der Immobilienkrise, kritisiert der Wirtschaftsweise Peter Bofinger. Im stern.de-Interview rät er der US-Regierung, den Hausbesitzern stärker unter die Arme zu greifen und fordert die Europäische Zentralbank auf, den Euro-Höhenflug zu stoppen.

Herr Bofinger, die Fed hat erneut die Zinsen gesenkt und den Markt mit Milliarden versorgt. Ist es ausreichend und sinnvoll, in der Kreditkrise einfach nur den Markt mit Geld vollzupumpen?

Das Hauptproblem in den USA ist, das die Politik nicht versucht, im Immobilienmarkt selbst die Lösung zu finden. Hinter jedem Kredit steht ein Häuschen. Amerika muss versuchen, den Verfall der Hauspreise zu stoppen. Den Eigentümern muss viel stärker geholfen werden, dass sie in ihren Häusern bleiben und sie nicht verkaufen müssen.

Das Konjunkturprogramm der US-Regierung, das vor allem auf Steuernachlässen basiert, setzt aufs falsche Pferd?

Ich hätte das gesamte Geld in den Immobilienbereich gesteckt und nicht die Steuern gesenkt. Je mehr US-Bürger gezwungen sind, ihre Häuser zu verkaufen, desto schwieriger wird die Krise. Alles was zudem an den Finanzmärkten gemacht wird, ist nur eine Symptom-Therapie, die Ursache der Krise wird damit nicht bekämpft.

Zur Person

Peter Bofinger ist ein Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzbrug und seit März 2004 Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

Was können die Zinssenkungen bewirken

Die Zinssenkungen der Notenbank sind natürlich schon günstig und richtig. Die Hypothekenzinsen in den USA sind meist variabel und richten sich an den Konditionen der Notenbank aus. Damit sind die Zinssenkungen natürlich auch eine Stütze für jeden Hausbesitzer, dass seine Zinslast sinkt.

Auf müssen wir uns in den kommenden Monaten einstellen?

Eine Prognose ist extrem schwierig. Die gute Nachricht ist, dass mit den Zinsanpassungen den Hausbesitzern, die mit extrem günstigen Lockangeboten in diese schwierige Lage gebracht worden sind, direkt geholfen wird. Alles weitere ist kaum vorhersehbar, dazu ist die Lage doch sehr unübersichtlich.

Erste Experten sehen die USA schon jetzt in einer tiefen Rezession. Würden Sie dies unterschreiben?

Das ist schwierig zu sagen, aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch.

Wie lange kann sich Europa davon abschotten?

Europa und vor allem Deutschland wird mit der massiven Euro-Aufwertung sehr direkt von der Entwicklung getroffen. Die Export-Dynamik wird in diesem Jahr merklich nachlassen. Wir haben zudem Ansteckungseffekte auf anderen Ebenen - in vielen Ländern der EU gibt es ebenfalls Probleme auf den Immobilienmärkten.

Müssen wir uns Sorgen über die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland machen?

Nein, müssen wir nicht. Aber die Euro-Aufwertung darf so nicht weitergehen.

Was kann dagegen getan werden? Sollte die europäische Zentralbank sollte am Devisenmarkt intervenieren?

Ja. Die EZB muss eingreifen und versuchen, das Feuer zu löschen, bevor das gesamte Haus brennt.

Hat Sie die Macht den Trend zu brechen?

Es wäre einen Versuch wert. Wenn Sie einen Feuerlöscher haben, setzen sie ihn bei einem Brand auch ein. Sie werden nicht darauf verzichten, nur weil sie sich nicht sicher sind, ob er ausreicht, den Brand zu löschen - zumal der Feuerlöscher der EZB relativ groß ist.

Interview: Marcus Gatzke

Mehr zum Thema

Newsticker