Lehrstellengipfel Ausbildungsabgabe droht zum Zankapfel zu werden

Zwischen 58.000 und 140.000 Ausbildungsplätze fehlen in Deutschland jährlich. Regierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften wollen beim "Lehrstellengipfel" Abhilfe schaffen, doch die geplante Ausbildungsabgabe sorgt für Ärger.

Die Einführung einer Ausbildungsabgabe droht zum Zankapfel des Lehrstellengipfels der Bundesregierung zu werden. Die "Berliner Zeitung" berichtet, Ministerien, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften hätten sich vor dem Gipfel am Dienstag nicht auf einen entsprechenden Passus in einer gemeinsamen Erklärung einigen können. Uneinigkeit bestehe auch in Bezug auf eine Aussage zur Tarifpolitik.

Arbeitgeber gegen "Strafabgabe"

Der Zeitung zufolge heißt es im Erklärungsentwurf lediglich, dass die Beteiligten "alle Anstrengungen unternehmen" werden, um so viele Lehrstellen wie möglich zu mobilisieren. Insbesondere müsse es darum gehen, Betriebe für die Ausbildung zu gewinnen, die zurzeit nicht ausbilden. Die Gewerkschaften wollten mit Verweis auf die Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder vom 14. März die Formulierung einbringen, dass gegebenenfalls eine "zusätzliche Regelung zur Ausbildungsfinanzierung" notwendig sei. Dies lehne die Wirtschaft ab. "Eine Strafabgabe für Betriebe, die nicht ausbilden, wird das Problem nicht lösen", sagte Handwerks-Generalsekretär Hanns-Eberhard Schleyer.

Daneben sei man sich zwar grundsätzlich einig, dass die Beteiligten an die Tarifparteien appellieren wollten, "vermehrt ausbildungsfördernde Vereinbarungen" in den Tarifverträgen zu treffen. Die Arbeitgeber hätten sich aber einen "Prüfvorbehalt" ausbedungen: Eine Aussage zur Tarifpolitik komme nur in Frage, wenn der Text der gemeinsamen Erklärung ausdrücklich Öffnungsklauseln, das Einfrieren der Lehrlingsgehälter sowie den Grundsatz "Ausbildung geht vor Übernahme" vorschlage.

DIHK pessimistisch

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wandsleben, sagte der "Stuttgarter Zeitung", wegen der schlechten konjunkturellen Lage sei in diesem Jahr mit weniger Lehrstellen zu rechnen. Er warnte aber davor, die Wirtschaft zum Sündenbock zu machen. Seit Mitte der 90er Jahre sei die Zahl der Lehrstellen stark gestiegen. Statt einer Ausbildungsplatzabgabe schlug Wandsleben eine Art Ablösesumme vor: "Man kann sich schon vorstellen, dass die ausbildenden Betriebe einen finanziellen Ausgleich bekommen, wenn die Auszubildenden unmittelbar nach der Lehre auf eigenen Wunsch das Unternehmen verlassen." Damit erhielten die Unternehmen einen Teil der Investitionskosten zurück.

Zitat

"Wohlklingende Erklärungen und Fototermine in Berlin ersetzen nicht notwendige Strukturreformen."

IG-Metall-Vorstandsmitglied Erwin Vitt am Montag in Frankfurt am Main mit Blick auf das Treffen

Regireung will "Ausbildungs-Offensive"

Bei dem Treffen in Berlin will die Bundesregierung zusammen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften eine "Ausbildungs-Offensive 2003" starten. Daran nehmen außer den Wirtschaftsverbänden auch Bildungsministerin Edelgard Bulmahn und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (beide SPD) sowie Spitzenvertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) teil.