Die Ausbildungsabgabe ist vom Tisch. Zumindest bis zum Herbst nächsten Jahres. Bundesregierung und Spitzenverbände der Wirtschaft haben jetzt den dreijährigen Ausbildungspakt geschlossen. Darin setzt sich die Wirtschaft das "verbindliche Ziel", im Jahresdurchschnitt 30.000 neue Lehrstellen zu schaffen. Bei der feierlichen Unterzeichnung in Berlin würdigte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) den Pakt als "nationale Kraftanstrengung".
"Wir wollen der Arbeitslosigkeit gleichsam den Nachwuchs entziehen", sagte Schröder. "Dies ist ein guter Tag für die jungen Leute und für die Zusammenhaltskräfte der Gesellschaft." Mit dem Pakt solle so weit wie möglich jedem jungen Menschen eine Ausbildung gesichert werden.
Regierung und Wirtschaft verpflichten sich darin "gemeinsam und verbindlich, in enger Zusammenarbeit mit den Ländern allen ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen jungen Menschen ein Angebot auf Ausbildung zu unterbreiten". Die Regierung sichert in dem Abkommen zu, die Gesetzgebung für eine Ausbildungsumlage bis Ende 2005 auf Eis zu legen. Scharfe Kritik übten die Gewerkschaften - und wurden dafür ihrerseits von SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter gerügt.
In dem Pakt heißt es, die zugesagten 30.000 neuen Lehrstellen sollten die aus wirtschaftlichen Gründen wegfallenden Ausbildungsplätze weitgehend kompensieren und die Gesamtzahl der Stellen "möglichst erhöhen". Die Wirtschaft verpflichtet sich zusätzlich zur Einrichtung von rund 25.000 einjährigen Betriebspraktika. 800 zusätzliche Ausbildungsplatz-Werber sollen aktiv werden. Im letzten Quartal jeden Jahres soll eine Zwischenbilanz gezogen werden.
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) äußerte sich "überzeugt, dass der Ausbildungspakt zum Ziel führen kann". Es gebe eine "verbindliche Zusage" von Politik und Wirtschaft. "Mehr kann man nicht erreichen", sagte Clement. Ausdrücklich dankte er dem Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, der den Anstoß für den Pakt gegeben habe. Braun sprach von einer "großen Chance für die Jugendlichen in unserem Land". Er appellierte an die Unternehmen, sich nun ihrer Verantwortung bewusst zu sein.
Im Herbst 2005 wird erste Bilanz gezogen
SPD-Partei- und Fraktionschef Franz Müntefering sagte, im Herbst 2005 solle entschieden werden, ob "ergänzende gesetzliche Initiativen" notwendig seien. Müntefering, der die Abgabe wesentlich betrieben hatte, zeigte sich stolz, dass Unternehmerschaft und Politik nun das Bestmögliche im Interesse der jungen Menschen tun wollten. Die Grünen begrüßten die Unterzeichnung des Ausbildungspakts als großen Erfolg für Müntefering.
DGB-Chef Michael Sommer hält dagegen eine gesetzliche Umlage nach wie vor für notwendig. "Es ist falsch, durch diesen Ausbildungspakt den Druck von den Arbeitgebern zu nehmen, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden", sagte Sommer. Industrie-Präsident Michael Rogowski warf den Gewerkschaften vor, sich einer Mitarbeit zu entziehen. SPD-Generalsekretär Benneter sagte: "Es wäre gut, wenn die Gewerkschaften mittäten. Zuschauen und Nörgeln bringt uns nicht weiter."
Kuscht Rot-Grün wenn es hart auf hart kommt?
FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt begrüßte den Pakt: "Damit wird eine Beerdigung dritter Klasse für das Gesetz vorgenommen." Unions- Fraktionsvize Maria Böhmer nannte den Pakt einen "Schritt zur Lösung des Lehrstellenmangels in Deutschland". Der PDS-Vorsitzende Lothar Bisky lehnte das Abkommen ab: "Wenn es hart auf hart kommt, kuscht Rot-Grün vor den Unternehmerverbänden."