Jetzt hat es auch die stolzen Schweizer erwischt: Nach den Spekulationen über Milliardenverluste beim Schweizer Luftfahrtkonzern SAirGroup sind die Aktien am Montag in Zürich abgestürzt. Die Titel sanken bis zum späten Nachmittag um 13 Prozent auf rund 175 Franken. Der Schweizer Präsident und Verkehrsminister Moritz Leuenberger schloss jedoch eine staatliche Rettungsaktion aus. Der Bund hält noch drei Prozent des einstigen Staatsunternehmens. Analysten halten eine feindliche Übernahme wegen der undurchsichtigen Finanzlage zur Zeit für unwahrscheinlich. Angesichts der Vertrauenskrise will die SAir die wichtigsten Finanzkennzahlen des vergangenen Jahres vermutlich schon vor der für 2. April geplante Bilanzpressekonferenz veröffentlichen.
Bund wird nicht eingreifen
Finanz- und Wirtschaftsministerium haben eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um die Bilanz der SAir zu analysieren, sagte Leuenberger. Der Bund fühlt sich jedoch nur »normaler« Aktionär. Ob er dem Verwaltungsrat bei der Generalversammlung die Entlastung erteilt, ist noch nicht entschieden. Der Bund hat bislang aus emotionaler Anhänglichkeit und um kein Signal zu setzen davon abgesehen, SAir-Anteile zu verkaufen.
Auslandsbeteiligungen brachten Unglück
Die Schweizer »Sonntagszeitung« hatte den Verlust für das vergangene Jahr auf schätzungweise 2,5 Milliarden Franken (1,6 Mrd Euro/3,2 Mrd DM) beziffert. Das Unternehmen wies Spekulationen zurück, es stehe vor der Pleite, nahm zu den Zahlen aber nicht Stellung. Die SAir ist durch ihre defizitären Auslandsbeteiligungen in finanzielle Schieflage geraten. Das Engagement in Frankreich bei AOM, Air Littoral und Air Liberté dürfte nach Zeitungsberichten 900 Millionen Franken gekostet haben, beim deutsche Ferienflieger LTU 360 Millionen Franken und bei der belgischen Sabena 320 Millionen Franken. Auch in Italien bei Volare steht angeblich ein dreistelliger Millionenverlust an.
Ausstiegsszenarien geprüft
Angesichts der Finanzlage überlegen sich potenzielle Interessenten den Kauf zwei Mal, so eine Analystin der Bank Lombard & Odier, gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Die Swissair sei aber eine gesunde Airline. Der Nicht-Flug-Bereich dürfte nach ihrer Einschätzung gesunde Zahlen präsentieren. Die SAir prüft angeblich Ausstiegsszenarien in Frankreich und Belgien. Zeitungen spekulierten am Montag, ob auch eine der sehr profitablen Töchter aus dem nicht Airline-verwandten Geschäft wie die Swissotel-Gruppe verkauft werden könnte. Sie brächte nach diesen Angaben rund 600 Millionen Franken.
Wer übernimmt das Ruder?
Starker Mann der SAir könnte im Verwaltungsrat der Finanzchef von Nestlé, Mario Corti, werden. Der Manager hatte am Freitagabend als einziges Mitglied des zehnköpfigen Aufsichtsgremiums nicht seinen Rücktritt angekündigt. Corti wird die Sanierung der SAir zugetraut. Allerdings hatte er bei ähnlichen Angeboten in der Vergangenheit mehrmals abgewunken. Frei ist seit der Entlassung von Philippe Bruggisser im Januar auch noch Posten des Konzernchefs.