MAN-Übernahmekampf Verbale Ohrfeigen vom Scania-Chef

Scania-Chef Leif Östling kritisierte den Übernahmeversuch von MAN heftig und warf dem deutschen Unternehmen mangelnde Effizienz vor. Außerdem hätte der MAN-Chef die bisherigen Übernahmeangebote "dumm" gehandhabt.

Scania wehrt sich weiter vehement gegen eine Übernahme durch MAN und brüskiert damit auch Großaktionär Volkswagen. Scania-Chef Leif Östling kritisierte MAN am Montag heftig und warf dem deutschen Unternehmen mangelnde Effizienz vor. MAN-Chef Håkan Samuelsson habe die bisherigen Übernahmeangebote "dumm" gehandhabt, sagte Östling. Die Schweden wollen in den kommenden Tagen über mögliche Gespräche mit MAN entscheiden. Den eigenen Aktionären stellte Scania nach einem Rekordquartal eine Sonderdividende in Aussicht. Beobachter gehen davon aus, dass Scania damit versuchen will, seine Aktionäre von einem Verkauf der Papiere abzubringen.

Volkswagen steht hinter MAN

Am Vortag hatte Volkswagen MAN seine Unterstützung in dem Übernahmekampf signalisiert. Im Anschluss an eine Sondersitzung des Aufsichtsrates hieß es, dass VW ein Gegenangebot von Scania derzeit nicht unterstützen würde und eine einvernehmliche Lösung binnen vier Wochen als weiterhin "wünschenswert" bezeichnet. Diese könne nur den Zusammenschluss der Unternehmen MAN und Scania zum Ziel haben. Mit Blick auf die Rückendeckung von VW für MAN kündigte Östling an, sein Unternehmen werde sich in den kommenden Tagen verbindlich über die Möglichkeit direkter Gespräche äußern. "Früher oder später wird es Gespräche mit MAN geben", sagte der Scania-Chef.

VW ist wichtigster Anteilseigner sowohl von Scania mit 18,7 Prozent des Kapitals und 34 Prozent der Stimmrechte, als auch von MAN. Bei dem Münchner Maschinenbau- und Nutzfahrzeugekonzern war der Autobauer erst kürzlich mit gut 15 Prozent eingestiegen. Diesen Anteil wolle VW aufstocken, berichtete die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" (Montagausgabe) unter Berufung auf Konzernkreise. Das Kartellamt sei bereits um eine Unbedenklichkeitserklärung gebeten worden, falls VW die Marke von 25 Prozent überspringe. Wesentlich höher werde man aber nicht gehen. VW wollte sich zu dem Pressebericht nicht äußern. Eine Sprecherin des Bundeskartellamtes sagte: "Uns liegt bisher keine Fusionsanmeldung von VW vor."

"Hausaufgaben nicht gemacht"

Östling erklärte bei der Vorlage der Bilanz für das dritte Quartal, er habe MAN-Chef Samuelsson "telefonisch vor der Veröffentlichung des zweiten Angebotes gewarnt. Aber er wollte ja nicht hören. Das war in erschreckender Weise dumm und hat vielen bei Scania und auch MAN geschadet", sagte Östling im Rundfunk. Vor Analysten sagte der Scania-Chef, MAN sei von der Effizienz und Produktivität des "Klassenbesten Scania" ausgesprochen weit entfernt. Um diese zu erreichen, müsse der mit etwa 5000 Beschäftigten überbesetzte Konkurrent drei bis vier Werke in Deutschland schließen.

Zu seine bisherigen Kontakten zu Samuelsson sagte Östling: "Ich habe ihm gesagt, dass er seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Und ich habe gesagt: Du musst sie jetzt machen." MAN betonte, Personalabbau sei kein Thema. "Wir sind voll ausgelastet und haben sogar Personal aufgebaut. Unser Konzept ist auf Wachstum ausgerichtet und in der Kombination mit Scania sehen wir noch größere Wachstumschancen."

Problem: die politisierte Unternehmensstruktur

Als "wohl wichtigstes Hindernis" für einen Zusammenschluss mit MAN nannte Östling die deutsche Unternehmensstruktur. "Das größte Problem für ein Zusammengehen ist die politisierte Struktur der deutschen Unternehmen. Da müssen sie etwas tun." Während man in Schweden an sehr direkte Entscheidungswege und Kommunikation gewöhnt sei, gehe es in deutschen Unternehmen "doch sehr bürokratisch zu". Ein Zusammengehen beider Lastwagenhersteller sei "nicht innerhalb von zwei oder drei Jahren, sondern eher über 10 oder 15 Jahre zu bewerkstelligen", sagte Östling. "Das ist dann nicht mehr Håkan Samuelssons oder meine Zeit."

In Branchenkreisen hieß es am Montag allerdings, Östling sei die Entscheidungsgewalt mit dem Bekenntnis von VW zu dem Zusammenschluss aus der Hand genommen. Wie VW sehe auch der zweitgrößte Scania-Aktionär Investor die industrielle Logik eines Zusammenschlusses von MAN und Scania. "Der Zug ist doch schon aus dem Bahnhof abgefahren." Bei Investor wurde allerdings Selbstbewusstsein gegenüber dem Schulterschluss zwischen Volkswagen und MAN demonstriert. "VW will MAN ja nur unterstützen, wenn sie unsere Aktien haben", meinte Sprecher Fredrik Lindgren. MAN hatte in der vergangenen Woche seinerseits den Druck auf Scania mit der Erhöhung des Anteils an den Schweden auf 14,27 Prozent der Stimmrechte und 11,48 Prozent des Kapitals erhöht. Der Vorstoß soll Finanzkreisen zufolge mit VW abgestimmt gewesen sein. Investor hält 10,8 Prozent des Kapitals und 19,3 Prozent der Stimmrechte bei Scania.

Scania-Aktionäre dürfen sich freuen

Die guten Zahlen für das dritte Quartal bestätigte Östling. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sei eine Gewinnsteigerung um fast 80 Prozent auf 1,9 Milliarden Kronen (205 Mio Euro) verbucht worden. Für das Gesamtjahr erwarten die Schweden ein Rekordergebnis von acht Milliarden Kronen. Den Aktionären stellte Scania zudem eine Sonderdividende in Höhe von sieben Milliarden schwedischen Kronen (756 Mio Euro) in Aussicht. Noch in diesem Jahr sei eine Sonderausschüttung von 35 Kronen je Aktie möglich, teilte das Unternehmen mit.

DPA · Reuters
DPA/Reuters

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