Die EU-Kommission hat die Bundesregierung ultimativ dazu aufgefordert, den Namenschutz für die deutschen Sparkassen zu kippen. Wie am Mittwoch bekannt wurde, verschärfte die EU-Behörde dazu ein bereits laufendes Verfahren wegen einer Verletzung des EU-Vertrages. Die Bundesregierung muss nun innerhalb von zwei Monaten auf die Forderung der Kommission antworten. Die Brüsseler dringen auf eine Änderung des deutschen Kreditwesengesetzes (KWG). Dort ist der Namenschutz verankert. Bei dem Namenstreit geht es darum, wer sich "Sparkasse" nennen und das markante rote Sparkassen-"S" als Logo nutzen darf.
Die Kommission moniert das deutsche Recht, wonach nur öffentlich-rechtliche Kreditinstitute den Namen Sparkasse führen können. Dies verstoße gegen die Niederlassungsfreiheit und den Grundsatz des freien Kapitalverkehrs.
Urteil könnte das gesamte Bankensystem umkrempeln
Falls Brüssel sich durchsetzt, würde der Einstieg privater Eigner bei Sparkassen erleichtert. Das könnte das gesamte deutsche Bankensystem umkrempeln. Der Bankenmarkt ist nach dem Drei-Säulen- System in öffentlich-rechtliche, genossenschaftliche sowie private Institute gegliedert. Es wird erwartet, dass der Streit vor den Europäischen Gerichtshof geht. Die Bundesregierung hatte bereits angekündigt, notfalls vor das höchste EU-Gericht zu ziehen.
Eine Sprecherin des Finanzministeriums sagte in Berlin: "Wir halten dies für eine unnötige Eskalation." Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hatte wiederholt deutlich gemacht, dass er keine Veranlassung sieht, diese Regelung zu ändern.
EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy beanstandet, dass private Kreditinstitute nach deutschem Recht den Namen "Sparkasse" nicht führen dürfen.
Ausgebrochen war der Streit, nachdem das Land Berlin die Berliner Bank und die dazugehörende Sparkasse verkauft hatte. Weil die Hauptstadt als Mehrheitseigentümer die Bankgesellschaft vor fünf Jahren mit milliardenschweren Beihilfen aus einer Schieflage gerettet hat, muss nun auf Druck der EU die Landesbeteiligung abgestoßen werden. Zur Bankgesellschaft gehört auch die Berliner Sparkasse. Brüssel fordert einen "diskriminierungsfreien" Verkauf. Sollte eine Privatbank dabei zum Zuge kommen, käme diese erstmals auch in den Besitz einer Sparkasse und könnte sie samt Namen bundesweit gegen öffentlich-rechtliche Sparkassen in Stellung bringen.
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) beharrt unterdessen auf exklusiven Namensrechten. Es sei undenkbar, den Namen "Sparkasse" mit Dritten zu teilen, sagte ein Sprecher. Der Verband zeigte sich über die Ankündigung einer Verfahrensverschärfung wenig überrascht. DSGV-Präsident Heinrich Haasis habe mit McCreevy gesprochen. Dieser habe erklärt, dass die Bankenstruktur Sache Deutschlands sei und es keinen Zwang zur Privatisierung von Sparkassen gebe. Die Kommission sei aber nicht zufrieden mit Paragraf 40 des KWG, der das Namensrecht für Sparkassen regelt.
Das Land Hessen hat nun einen "europafesten" Entwurf für ein neues Sparkassengesetz vorgestellt. Der Gesetzentwurf lässt erstmals die Bildung von Stammkapital und den Verkauf von Anteilen an einer Sparkasse zu. Eine Privatisierung von Sparkassen soll aber ausgeschlossen bleiben.