Man diskutiert ob es geil ist, ein Arschloch zu sein. Oder geht zur Ausstellung »The many Faces of John Lennon«, erörtert den »Kampf der Systeme« und andere Entwicklungen in der Musikindustrie, deren Ausgang offener denn je erscheinen - die diesjährige Popkomm vom 16. bis 18. August in Köln versteht sich mehr denn je als »Ideenimpuls und Marktbarometer«, wie Veranstalter Uli Großmaas erklärt. Die weltweit größte »Messe für Popmusik und Entertainment« sieht sich in ihrer 13. Auflage mitten in einer Phase des Umbruchs, die Großmaas mit einem Bob-Dylan-Zitat beschreibt: »The Times They Are A-Changin'.«
Music goes Internet
Die Grundsatzrede der Popkomm wird in diesem Jahr der Chef des weltweit zweitgrößten Kommunikationskonzerns Vivendi Universal, Jean-Marie Messier, halten. Sein Thema: »Business Models Digital.« Dahinter verbirgt sich unter anderem die Strategie, das Internet für den Musikvertrieb zu nutzen - und zwar so, dass das weltweite Datennetz die etablierten Plattenfirmen nicht ersetzt.
Privates Brennen als MassenphänomenSchlimmere Folgen als Piraterie
Zum privaten Kopieren sagt Schaefer: »Der ganze Bereich der privaten Vervielfältigung macht uns im Moment im Grunde genommen fast schon größere Sorgen als die Piraterie, weil die wirtschaftlichen Auswirkungen so gravierend sind.« Schaefer verweist auf eine Studie, nach der im vergangenen Jahr privat 133 Millionen CDs mit Musik bespielt wurden. Das ist ein Umsatzwert von 3,3 Milliarden Mark, wie es in einer Pressemitteilung des Phonoverbandes hieß.
Weniger Alben gekauft
Das Marktforschungsinstitut GfK hat in der genannten Studie 10.000 Deutsche über ihren Musikkonsum befragt. In jeder Altersgruppe, auch bei den über 50-Jährigen, wird Musik auf über 50 Prozent der CD-Rohlinge gebrannt. 47,8 Prozent gaben selbst gebrannte CDs auch an Personen außerhalb ihres Haushalts weiter. 14,6 Prozent erklärten, seit der Möglichkeit zum Brennen weniger Alben gekauft zu haben, 4,3 Prozent kauften mehr offizielle CDs.
Musikkopien aus dem Internet wurden von 6,4 Prozent der Bevölkerung bezogen, das sind 4,1 Millionen Personen. 3,8 Millionen davon haben keine kostenpflichtigen Tracks heruntergeladen. 11,6 Prozent der Nutzer sagten, seither weniger Alben gekauft zu haben, 5,2 Prozenten kauften mehr.
Negativtrend beim Musikumsatz
Nach einem Umsatzrückgang von minus 2,2 Prozent erwartet die Musikindustrie auch in diesem Jahr eine Verstärkung des Negativtrends, wie Peter Zombik, Geschäftsführer der deutschen Landesgruppe der IFPI (International Federation of the Phonographic Industry) erklärt. Die EU-Urheberrechtslinie muss in den »Regelungen zur Privatkopie restriktiv ausfallen«, fordert er.
Umdenken gefordert
Schaefer verweist darauf, dass die Fun-Generation durchaus bereit ist, beispielsweise für Handy-Klingeltöne sechs, zehn oder zwölf Mark zu zahlen. »Warum? Weil man anders nicht rankommt.« Musik dagegen kann in der gleichen Qualität wie das Original kostenlos kopiert werden. Alle Marktforschungen kommen zu dem gleichen Ergebniss: »Natürlich sind alle Leute bereit, für Musik zu zahlen. Wenn das nicht so wäre, hätte unsere Branche nie zu existieren begonnen. Der Witz ist nur, sie sind nicht bereit zu zahlen, wenn sie es auch umsonst haben können und gleichzeitig in einem Entscheidungsdruck zwischen verschiedenen Produkten stehen. Da liegt unser Problem.«
Uwe Käding