Im monatelangen Zerren um die Macht beim Volkswagen-Konzern haben sich die Großaktionäre Porsche und Niedersachsen auf einen Kompromiss geeinigt. Demnach zieht Porsche-Chef Wendelin Wiedeking mit sofortiger Wirkung in den Aufsichtsrat ein. Im Gegenzug erreichte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff, dass der Aufsichtsratsvorsitzende und Porsche-Großaktionär Ferdinand Piech sein Amt nur noch bis 2007 ausübt.
Der VW-Vorstand nahm noch am Freitag Kontakt zum zuständigen Amtsgericht Braunschweig auf, um die Neubesetzung abzuwickeln. Das bisherige Aufsichtsratsmitglied Lord David Simon verzichtet für Wiedeking auf seinen Sitz. Das Präsidium des Aufsichtsrats wird von vier auf sechs Mitglieder erweitert, wie Porsche und Wulff am Freitag mitteilten. Wiedeking werde im Präsidium vertreten sein, sowie ein weiterer Arbeitnehmervertreter. Auf der VW-Hauptversammlung am 3. Mai will Niedersachsen außerdem der Berufung des Porsche-Finanzvorstands Holger Härter in den Aufsichtsrat zustimmen. Neuer Aufsichtsratsvorsitzender und Nachfolger von Piech soll 2007 ein "neutraler Dritter" werden.
Unklar blieb am Freitag, ob Piech dann völlig aus dem Aufsichtsrat verschwindet. Wulff sagte, er gehe davon aus. Allerdings sei das Thema nicht mit Wiedeking besprochen worden. Wulff sieht Piech als Vertreter von Porsche an, weil dessen Familie dort Großaktionär ist. Damit hätte Porsche drei Personen im Aufsichtsrat, Niedersachsen nur zwei: Wulff selbst und Wirtschaftsminister Walter Hirche. Am Freitag sagte Wulff: "Porsche beansprucht nicht mehr drei Sitze im Aufsichtsrat."
Zukunft von Pischetsrieder gesichert
Nach der Einigung, die in Gesprächen zwischen Piëch, Wulff und Wiedeking am Donnerstag erzielt wurde, ist auch die Zukunft des VW-Vorstandsvorsitzenden Bernd Pischetsrieder gesichert. Sein Vertrag solle noch vor der Hauptversammlung um fünf Jahre verlängert werden, bestätigte Wulff.
Beteiligungsverhältnisse
Porsche hatte sich vergangenes Jahr für drei Milliarden Euro als Hauptaktionär bei Volkswagen eingekauft, als der Aktienkurs der Wolfsburger am Boden lag. Zweiter Großaktionär ist das Land Niedersachsen, das jahrzehntelang den größten Aktienblock hielt und auf den Hauptversammlungen stets seine Interessen durchsetzen konnte. Porsche besitzt derzeit 18,5 Prozent der Anteile an dem VW-Konzern und verfügt noch über eine Option, die Beteiligung auf 22 Prozent zu erhöhen. Dies würde weitere 500 Millionen Euro kosten.
Porsche-Chef Wiedeking hatte gesagt, die Beteiligung sei ein wichtiger Schritt um die Zukunft des Sportwagenbauers zu sichern. Porsche profitiere von gemeinsamen Projekten in Forschung, Entwicklung, Beschaffung und Produktion, etwa beim Geländewagen Cayenne. Außerdem soll VW jedes Jahr 60 Millionen Euro an Dividende liefern. Wiedeking muss jetzt vom Amtsgericht laut Aktiengesetz auf Antrag des Vorstandes bis zur nächsten Hauptversammlung in den Aufsichtsrat bestellt werden. Nach Angaben eines VW-Sprechers sollen die nötigen Unterlagen am Montag in Braunschweig eingereicht werden.