Verlieren ist eigentlich nichts, was im Selbstbild eines Oliver Samwer vorkommt. Der Mann, der sich einst als "aggressivsten Mann im Internet" bezeichnete, stampft seit Jahren eine Onlinebude nach der anderen aus dem Boden, meist schnelle Copycats bereits erfolgreicher US-Firmen. Zu seinem Dach-Unternehmen Rocket Internet zählen der Schuhversender Zalando, die Möbelseite Westwing, der Airbnb-Klon Wimdu und einige Dutzend kleinere Start-Ups.
In letzter Zeit aber läuft es schlecht für den Gewinnertypen. Die Aktie von Rocket Internet hat seit dem großen Börsengang im Herbst 2014 die Hälfte ihres Wertes eingebüßt. Und auch die meisten Firmen performen nicht wie gewünscht. Zuletzt wurde der Börsengang der Kochbox-Firma Hello Fresh im letzten Moment abgeblasen, mehrere Führungskräfte von Rocket verließen das Unternehmen.
Neue Millionen statt falsche Bescheidenheit
Nun versucht Samwer wieder in die Offensive zu kommen. Mehr als 380 Millionen Euro hat er von Investoren für einen neuen Fonds eingesammelt - als Spielgeld für neue Investitionen. "Unser Fonds ist aus dem Stand der größte Internetfonds in ganz Europa. Wir spielen damit in der obersten Liga mit", lobt sich Samwer im Interview mit dem "Handelsblatt". Mit der Ankündigung will Samwer auch die enttäuschten Aktionäre wieder für sich gewinnen, denn Rocket ist an dem Fonds zu 28 Prozent beteiligt und soll an möglichen Erfolgen beteiligt werden.
Die Fehleranalyse fällt in dem Handelsblatt-Gespräch dagegen bescheiden aus. Den Absturz der Rocket-Aktie schiebt Samwer auf "die Absurdität der Märkte", den Wertverlust von 50 Prozent kann er überhaupt nicht nachvollziehen. "So viele Fehler können wir ja nun gar nicht gemacht haben", ist der Macher überzeugt. Investoren seien bei Internetunternehmen nunmal derzeit generell sehr zurückhaltend.
Samwers Fehler-Saldo
Immerhin: Im Verlaufe des Gespräches gibt Samwer dann doch zu, dass auch er mal Fehler mache. So etwa bei der Entscheidung, im vergangenen Jahr eine Wandelanleihe herauszugeben. Das hatte Rocket zwar viel frisches Kapital gebracht, aber den Aktienkurs abstürzen lassen. "Ich mache sicher jeden Tag drei Fehler, liege aber auch fünfmal richtig. Es mag Tage geben, da ist mein Saldo auch mal negativ. Aber das liegt doch in der Natur des Unternehmers", sagt Samwer. Man müsse schließlich Risiken eingehen als Unternehmer.
Genau diese Risikobereitschaft vermisst Samwer in Deutschland grundsätzlich. Ein Visionär wie Elon Musk hätte mit Tesla in Europa keine Finanzierung gefunden, glaubt Samwer. "Selbst wenn Musk etwas Außergewöhnliches ankündigt - wie einen Eisenbahntunnel von L.A. nach San Francisco - folgen ihm immer noch viele." Da sei die Kultur in den USA nicht mit der Situation hier vergleichbar. Seinen Optimismus hat Oliver Samwer dennoch nicht verloren: "2016 wird für uns ein gutes Jahr, 2017 ein sehr gutes, 2018 ein hervorragendes." Rock on, Samwer.