Scheidender Bahn-Chef Mehdorn "Da wird Stimmung gemacht"

Hartmut Mehdorn zeigt sich streitlustig: Trotz öffentlicher Kritik an seinen finanziellen Forderungen sieht der scheidende Bahn-Chef nicht ein, warum er auf sein Gehalt für die nächsten zwei Jahre verzichten sollte. Er bestehe doch lediglich auf Vertragserfüllung, so Mehdorn in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme zur Diskussion.

Der scheidende Bahn-Chef Hartmut Mehdorn hat sich erstmals zu dem Wirbel um seine Forderung nach finanzieller Erfüllung seines Vertrages geäußert. "Es geht um keine Abfindung, will ich auch gar nicht, es geht einfach um Vertragserfüllung", sagte Mehdorn der Nachrichtenagentur Reuters. Daher seien auch Vorwürfe der Maßlosigkeit abwegig. "Das ist jetzt so eine Welle."

Das "Handelsblatt" hatte gemeldet, Mehdorn drohe der Bahn juristische Schritte an, sollte sein bis Mai 2011 laufender Vertrag finanziell nicht vollständig erfüllt werden. Demzufolge hat der Manager, der infolge der vom stern aufgedeckten Spitzelaffäre seinen Posten geräumt hat, aus seinem Vertrag nicht nur Ansprüche auf ein Fixgehalt, sondern auch auf variable Bezüge. Das Fixgehalt habe 2008 bei 750.000 Euro gelegen. Der vom Ergebnis abhängige Bonus habe knapp 1,2 Millionen Euro betragen.

Mehdorns Haltung war bei der Bundesregierung auf Unmut gestoßen. Angesichts der öffentlichen Debatte über Managervergütungen sei "ein gewisses Gebot zur Mäßigung" zu berücksichtigen, mahnte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) rief Mehdorn ebenfalls zu Fingerspitzengefühl auf. "In diesen Zeiten muss er mit solchen Fragen sehr sensibel umgehen und genau differenzieren", sagte Guttenberg.

"Da wird Stimmung gemacht, da kann man sich nicht wehren, das ist eben das Problem", sagte Mehdorn dazu. Unterstützung für den 66-Jährigen kommt vom Fahrgastverband Pro Bahn. Es sei "aus seiner Sicht nachvollziehbar", wenn Mehdorn auf Vertragserfüllung dringe, zitiert die "Mitteldeutsche Zeitung" am Donnerstag den Verbandsvorsitzenden Karl-Peter Naumann. Falls der scheidende Bahn-Chef von der Datenaffäre gewusst und das Vertrauen seiner Mitarbeiter missbraucht habe, stehe ihm aber kein weiteres Gehalt zu.

In der Datenaffäre bestreitet Mehdorn dem Bericht zufolge weiterhin jedes Fehlverhalten: "Ich habe jedenfalls zu keiner Zeit irgendetwas getan, wo ich ein schlechtes Gewissen haben müsste", erklärte der Manager. Es sei aber klar, dass man "als Vorstandsvorsitzender nicht in jeder Ritze" sein könne. Mehdorn hatte wiederholt betont, dass bei Kontrollen zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität "keine strafrechtlich relevanten Fehlhandlungen" festgestellt worden seien. Der Vorstand habe Datenabgleiche, E-Mail-Untersuchungen und Aufträge an Detekteien weder veranlasst noch davon gewusst.

Am Mittwoch waren in der Datenaffäre neue, schwere Vorwürfe gegen die Bahn bekannt geworden. Die mit Kontrollen von Mitarbeiterdaten beauftragte Revision habe "völlig auf rechtliche Prüfungen verzichtet", moniert der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix laut "Süddeutscher Zeitung" in seinem vorläufigen Bericht. Demnach spricht in einem Fall, in dem die Kölner Detektei Argen für Kontrollen eingeschaltet worden sei, "einiges dafür", dass ein amtierender Vorstand in die Zusammenarbeit involviert gewesen sei. Außerdem seien Daten rechtswidrig gespeichert oder verarbeitet worden. Dix hatte seinen Bericht vor einigen Tagen an Vorstand und Aufsichtsrat übersandt. Ein Bahn-Sprecher wies die Vorwürfe zurück.

Reuters
mad/Reuters/AFP/dpa