Ein allerletztes Mal hat Klaus Kleinfeld bei Siemens nur die zweite Geige gespielt. Vor der Siemens- Hauptversammlung tigerte der 47-jährige Opernfan, Mitglied im Board der Metropolitan Opera, am Donnerstag durch die Münchner Olympiahalle und plauderte mit Aktionären. "Ich bin relativ entspannt, für mich ist es heute einfach", sagte er. Denn bis zum Ende des Aktionärstreffens war noch Heinrich von Pierer Vorstandsvorsitzender. Kleinfelds Rolle beschränkte sich darauf, aufzustehen, als ihn der scheidende Aufsichtsratschef Karl-Hermann Baumann vorstellte. Auch auf Bitte der Aktionäre wollte sich Kleinfeld, dem eine gewisse Anspannung durchaus anzumerken war, nicht auf dem Podium äußern. An diesem Tag sollte zum letzten Mal Pierer den Takt vorgeben.
"Große Baustelle"
Kleinfeld tritt nach Pierers Einschätzung zwar den schönsten Job in der deutschen Wirtschaft an, aber auch keinen leichten. Die Situation sei vor allem im Arbeitsgebiet Information und Kommunikation sehr schwierig, sagte Kleinfeld am Rande der Hauptversammlung. "Das ist eine große Baustelle." Dabei gehe es nicht nur allein um die Sanierung des Handygeschäfts, auch im Festnetzbereich sei die Lage nicht einfach.
Viele trauen dem meist demonstrativ gut gelaunten, kommunikativen und zuweilen impulsiven Manager zu, die großen Fußstapfen füllen zu können, die Pierer nach zwölf Jahren im Amt hinterlassen wird. Das "manager magazin" feierte ihn schon einmal vorab als "Wunderknabe". Im Konzern werden diese Vorschusslorbeeren nicht gerne gesehen. "Dafür ist es eigentlich zu früh, man nimmt ihm die Luft, zu atmen". Umso höher Kleinfeld jetzt gehoben werde, desto tiefer könne er fallen, wenn es mal nicht so läuft.
Teilnahme am New-York-Marathon
In seiner Karriere hat der leidenschaftliche Sportler, der sich im vergangenen Jahr beim New-York-Marathon wacker schlug, ein hohes Tempo vorgelegt. Der gebürtige Bremer und studierte Betriebswirtschaftler trat seinen Dienst bei Siemens 1987 als Referent im Betriebsbereich an. Schnell stieg er auf und wurde unter anderem 1995 Leiter der Siemens-Unternehmensberatung. Zudem entwickelte er das strategische Unternehmensprogramm "top plus" zur Ertragsverbesserung. 1998 wechselte der Manager in den Bereich Medizintechnik, in dem er zwei Jahre später Bereichsvorstand wurde.
Ein wichtiger Karrieresprung war 2001 Kleinfelds Wechsel in die USA. Unter seiner Führung schaffte das US-Geschäft die Ertragswende. Seither gilt er manchen als Prototyp des alerten, aber eiskalt kalkulierenden Managers nach amerikanischem Vorbild. Arbeitnehmervertreter befürchten, dass Kleinfeld in Sachen Stellenverlagerung und Streichung von Jobs rücksichtsloser auftreten könnte als Pierer. Ein Siemens-Vorstandsmitglied warnte am Donnerstag aber vor diesem Klischee. "Diese Amerika-Geschichte wird überschätzt." Kleinfeld sei nur vergleichsweise kurz in den USA gewesen. Zudem habe Siemens eine globale Firmenkultur, die überall gelte.
Kleinfeld freut sich auf die neue Herausforderung. Er habe sich "viele schöne Sachen" vorgenommen, sagte er am Donnerstag. Die Hauptaufgabe sei dabei einfach zu formulieren. "Wir müssen einfach eine gute Performance hinlegen."