Steigende Exporte Wirtschaft erholt sich, Jobmarkt nicht

Die steigenden Exportzahlen der deutschen Wirtschaft lassen leise Euphorie aufkommen. Rainer Brüderle, der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP, spricht von einem "Lichtblick" - warnt aber im Interview mit Martina Fietz vor einem Anstieg der Arbeitslosigkeit.

Sind die positiven Zahlen zur Exportentwicklung tatsächlich ein Indiz dafür, dass die Weltwirtschaft sich nach der Krise rapide erholen kann?

Für eine rapide Erholung gibt es derzeit leider noch keine Anzeichen. Zwar steigen die Aufträge für die deutsche Industrie jetzt wieder, das Niveau ist aber immer noch sehr schwach. Trotzdem können wir über diesem Lichtblick natürlich froh sein. Die Wirtschaft lebt schließlich auch von den Einschätzungen und Erwartungen der Unternehmer und Konsumenten. Da ist ein bisschen Optimismus hilfreich.

Der Exportverband erwartet für 2009 noch einen Umsatzrückgang von 18 Prozent. Welche Auswirkungen sehen Sie für den Arbeitsmarkt?

Bislang haben viele Unternehmer auf Entlassungen verzichtet. Sie setzen darauf, mit Kurzarbeit die Krise überstehen zu können. Dann könnten sie im Aufschwung auf Ihre Fachkräfte wieder zurückgreifen. Ob sich diese Hoffnungen bewahrheiten, kann heute niemand genau sagen. Ich befürchte noch deutlich steigende Arbeitslosenzahlen. Der Arbeitsmarkt läuft der Konjunkturentwicklung ja hinterher.

Kann die Politik hier gegensteuern?

Die Politik kann es den Unternehmen so einfach wie möglich machen. Das heißt: Wir brauchen eine vernünftige Steuerreform - einfach, niedrig und gerecht. Wir müssen die Binnenkonjunktur stärken, indem den Menschen vom Lohn netto mehr übrig bleibt. Und wir müssen den Unternehmen mehr Freiraum geben und sie möglichst wenig durch bürokratische Vorschriften einengen. Das schafft Arbeitsplätze.

Der Bundesfinanzminister spricht bereits von einem Wachstumsschub bis 2020. Ist das gerechtfertigt?

Bis 2020 wird es noch den einen oder anderen Boom und die eine oder andere Flaute im Konjunkturzyklus geben. Die Politik kann aber dafür sorgen, dass das Niveau der volkswirtschaftlichen Produktion insgesamt höher liegt. Dafür müssen die Wachstumsbremsen gelöst werden. Das hat die SPD in elf Jahren Regierung leider nicht geschafft. Einen Wachstumsschub auszulösen, wird die Aufgabe der nächsten Regierung sein.

Die FDP sieht sich als die Partei mit dem größten wirtschaftspolitischen Sachverstand. Für den Fall, daß es für Schwarz-Gelb am Wahltag nicht reicht: Müsste die FDP dann nicht in einer Ampel-Koalition Ihren Beitrag zur Fortentwicklung der Wirtschaft leisten?

Ich kann nicht erkennen, wie der nötige Wachstumsschub in einer Ampelkoalition erreicht werden kann. Die SPD driftet immer weiter nach links, die Grünen sind dort ohnehin schon. Für eine Ampelkoalition gibt es inhaltlich keine Basis. Deshalb kämpfen wir Liberalen für eine bürgerliche Mehrheit am 27. September.

Cicero