Anzeige
Anzeige

Undercover-Einsatz in China So quält die Pelzmafia Hunde und Katzen

Aus ihrem flauschigen Fell werden einmal Pelzmäntel gemacht. Bis dahin vegetieren die Tiere auf einer chinesischen Farm in engen Käfigen: Es sind Hunde und Katzen, die für Modetrends leiden müssen.
Von Katharina Grimm

Der Käfig ist klein, kaum größer als der Körper des Tieres. Die spitze Nase ragt aus dem plüschigen Fellknäuel heraus. Es ist ein Hund, oder zumindest eine Art aus der Gattung der Hunde. Ein Tier, das in Deutschland als der treueste Freund des Menschen gilt, lebt hier für den Tod. Kontakt zu Artgenossen wird er nie kennenlernen. Sich frei zu bewegen auch nicht. An der Pfote ist das Tier verletzt. Aber solange es nur die Beine sind, ist es dem Züchter egal, denn er will das Fell. Und zwar nur das.

Die Pelzfarm liegt in Shandong an der chinesischen Ostküste. Käfig an Käfig reihen sich hier Füchse und Maderhunde - ein lukratives Geschäft für die Betreiber. Denn Pelze sind immer noch Luxus, sie sind ein Statement in der Modewelt, die von Billig-Kopie überschwemmt wird. Pelze sind teuer, waren einst lebendig und zeugen von Wohlstand, wo Polyesther die Massen wärmt. Doch die Produktion ist so exklusiv wie das Produkt. Die Farmen sind abgeschottet. Nur ungern lassen sich die Betreiber in die Käfige schauen. Denn die Wahrheit würde den gut betuchten Kunden kaum gefallen: Was später an ihre Kapuzen genäht oder zu einem Mantel verwebt wird, war einmal eine Hauskatze oder ein Hund.

Dennoch ist es nun einem Informanten der weltweit aktiven Tierschutzorganisation Animal Equality gelungen, in diese grausame Welt Einblick zu bekommen. Drei Wochen konnte unerkannt auf der Farm recherchiert werden. Er machte Fotos, drehte ein Video, hielt die Ohren auf.

Pelz aus Hund

"Die Tiere leiden enorm unter ihrer Haltung", sagt Hendrik Haßel von Animal Equality. Zwar sei die Nachfrage nach ganzen Pelzmänteln zurückgegangen, aber auch Pelzbesatz an Kapuzen, Mützen oder Stiefeln würden diese Tierquälerei unterstützen. Für Kunden ist es inzwischen kaum nachvollziehbar, ob ein Pelz echt oder unecht ist - und von welchem Tier er stammt oder wo er produziert wurde. "Die Pelze der Marderhunde aus China werden unter Decknamen wie Seefuchs, Enok oder Chinesischer Racoon, verkauft. So wird vertuscht, dass sie Mitglieder der Hundefamilie sind", sagt Haßel.

70 Millionen Tiere pro Jahr

Die Pelzindustrie in Deutschland hat sich fast vollständig von eigenen Farmen verabschiedet. Die strengen Gesetze hierzulande haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Und auch die Einstellung der Bürger lässt hoffen: Laut der Tierschutzorganisation Peta lehnen 80 Prozent der Deutschen in Befragungen Pelz-Bekleidung ab. Die Nachfrage in den Schwellenländern wie Russland und China ist zwar gesunken, aber dort gibt es noch einen Markt, der Farmen wie in Shandong Umsatz beschert. Peta schätzt, dass in China jährlich bis zu 70 Millionen Tiere für die Pelzindustrie getötet werden.

Kaum zu unterscheiden

Animal Equality will das ändern - und weltweit ein Verbot von Pelzen durchsetzen. Ihre internationale Kampagne "Leiden für die Mode" soll Modedesigner dazu bringen, künftig auf Pelz in ihren Kollektionen zu verzichten. "Tierqualfreie Pelze gibt es nicht", sagt Haßel. "Und leider wissen die Verbraucher immer noch sehr wenig über die Bedingungen, unter denen Pelzprodukte hergestellt werden." Auch Peta bekräftigt, dass es selbst für Experten sehr schwierig ist, einen Pelz zu erkennen. "Wir lassen alles im Labor durch DNA-Tests analysieren, weil nicht zu erkennen ist, ob es sich um Kaninchen, Katzen, Hunde oder Füchse handelt. Verbraucher haben da gar keine Chance", sagt Frank Schmidt, Fachreferent für Tiere in der Bekleidungsindustrie bei Peta.

Erster Hoffnungsschimmer

"Wer mit dem weltweiten Pelzhandel zu tun hat, muss Geduld haben", sagt Haßel. Denn der Einbruch der Nachfrage ist in vollem Gange. In den vergangenen zehn Monaten seien die Preise zwischen 40 und 70 Prozent eingebrochen, so Schmidt von Peta. "Die ökonomische Pelzblase ist geplatzt", sagt er. Den Grund dafür sieht er in der Schwemme der Produktion und dem somit rapiden Preisverfall. Aber eben auch die Nachfrage ginge zurück, Pelz sei nicht mehr das ultimative Luxusgut. "Die Entwicklung zeigt, dass es sich lohnt Menschen zu informieren", sagt Haßel.

Endstation: Pelz-Basar

Den Tieren in Shandong nützt das wenig. Hunden, Füchsen und Katzen werden zuerst mit einem Stromschlag außer Gefecht gesetzt. Den gelähmten Tieren wird dann lebendig das Fell abgezogen. Diese Variante ist grausam, aber so wird das kostbare Fell nicht beschädigt. Und darum geht es ja nur.

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel