Übernahme Bio gegen Junk-Food

Das Unternehmen PepsiCo will angesichts der Gesundheitswelle vom Junk-Food-Image weg. Was liegt da näher, als einen Lebensmittelkonzern aufzukaufen, der Bio-Produkte im Sortiment hat.

Wenn die "nationalen Interessen" bedroht sind, kämpft ganz Frankreich wie ein Mann. Jetzt ist es wieder soweit: PepsiCo will Danone schlucken. Französischer Bio-Joghurt und französisches Mineralwasser in der Hand des amerikanischen Cola- und Chips-Konzerns: Das wäre wie ein Ansturm der Barbaren auf die Kulturnation. Die Reaktion kam prompt. Regierung und Opposition von den Nationalisten bis zu den Kommunisten rufen zur Verteidigung des Konzernriesen auf. Der konservative Bauernbund FNSEA mobilisiert die Milchbauern und die linke Gewerkschaft CGT zieht für den "Schutz der nationalen Lebensmittelversorgung" in den Kampf.

Danone-Chef Franck Riboud hatte wegen des drohenden Angriffs von PepsiCo persönlich bei der Regierung Alarm geschlagen. Er lief offene Türen ein: Spätestens seit dem Nein beim EU-Referendum setzt Paris wieder ganz auf Protektionismus und Schutz heimischer Arbeitsplätze. "Frankreich ist nicht der Wilde Westen", erklärte Wirtschaftsminister Thierry Breton am Donnerstag. Die Interessen der Beschäftigten und Aktionäre müssten gewahrt werden. Täglich telefoniert Breton mit der PepsiCo-Führung. Das Ziel ist klar: Abschreckung. An diesem Freitag will der US-Konzern angeblich über sein Übernahmeangebot entscheiden.

PepsiCo will vom Junk-Food-Image weg

Rund 30 Milliarden Euro müsste PepsiCo nach Einschätzung von Analysten für Danone auf den Tisch legen. Es wäre ein lohnendes Investment: PepsiCo will angesichts der Gesundheitswelle von dem Junk-Food-Image weg und hat deshalb bereits Müsli (Quaker Oats) und Säfte (Tropicana) zugekauft. Außerdem will der Multi seine Weltposition gegen Coca-Cola stärken. Danone kommt mit seinen Milchprodukten, Mineralwässern und Babynahrung und seiner starken Marktstellung von China bis Südamerika gerade recht.

Zur Verteidigung könne Frankreich höchstens "ein politisches Psychodrama veranstalten", meint die "Monde". In der Marktwirtschaft seien ihr die Hände gebunden. Tatsächlich scheint Danone eine leichte Beute zu sein: Das Kapital ist breit gestreut und es gibt keinen beherrschenden Großaktionär. Der Konzern ist profitabel und gut aufgestellt. Auch die Kartellämter dürften schwerlich ein Veto gegen PepsiCo einlegen, weil die Produktpaletten der Konzerne sich nicht überschneiden. Allerdings kann auch ein "Psychodrama" wirken. So hat Paris mit politischen Drohungen Siemens am Kauf von Alstom und Novartis an der Übernahme von Aventis gehindert.

Danone ist ein weltumspannender Multi

Außerdem schreckt Danone Angreifer mit "Giftpillen" ab: So wird das Stimmrecht für jeden Aktionär mit weniger als 66 Prozent des Kapitals auf zwölf Prozent beschränkt. Mit dem eigenen Anfachen der Spekulation wurde die Aktie - und damit der Kaufpreis - um ein Viertel hochgetrieben. Außerdem besitzt Danone die Alfabanque, und eine Bankübernahme ist nicht ohne vorherige Prüfung der Behörden möglich. Das verschafft zusätzliche Zeit im Abwehrkampf.

In der Finanzwelt löst die politische Mobilisierung für Danone allerdings Überraschung aus. Denn die Zeiten, als der Konzern "so französisch wie die Kathedrale von Chartres" war, sind längst vorbei. Danone ist selbst ein weltumspannender Multi und macht sogar in China doppelt so viel Umsatz wie auf dem Heimatmarkt. Auch das Kapital liegt mehrheitlich in ausländischer Hand. Französisch sei an Danone vor allem noch der Pass des Konzernchefs, meint das Finanzblatt "La Tribune". Und der hatte sich bis zum Angriff aus Übersee nicht sehr national gesinnt gezeigt. Noch vor vier Jahren galt Riboud in Paris als Inbegriff des bösen Kapitalisten, weil er französische Lu-Kekswerke schloss und die Fertigung ins Ausland verlagerte.

Die Regierung kann nur ein Psychodrama veranstalten

Danone gehört mit Marken wie Evian, Volvic und Badoit, Lu, Mikado, Gervais und Danone zu den rentabelsten Lebensmittelanbietern. 2004 wurden mit 89.500 Mitarbeitern 13,7 Milliarden Euro umgesetzt. Der Überschuss lag bei 317 Millionen, vor Sonderposten bei 917 Millionen Euro. Im laufenden Jahr soll der vergleichbare Gewinn zweistellig steigen. Der Börsenwert ist mit 24 Milliarden Euro etwa ein Viertel so hoch wie der von PepsiCo.

Die Pariser Tageszeitung "Le Monde" kommentiert in ihrer Ausgabe vom Donnerstag die politische Mobilisierung in Frankreich gegen eine Übernahme des Lebensmittelkonzerns Danone durch PepsiCo: "Danone ist ein Juwel der französischen Agroindustrie und ein mächtiger Auftraggeber für die französische Milchwirtschaft. Natürlich muss man sich für das Schicksal dieses Konzerns interessieren. Eine feindliche Übernahme könnte ein böses Signal an ausländische Investoren aussenden, die von anderen Schmuckstücken der französischen Wirtschaft angelockt werden. Doch in einer weltweiten Marktwirtschaft der freien Konkurrenz haben protektionistische Schübe wenig Gewicht beim Schutz eines internationalen Übernahmekandidaten, wenn sie keine glaubwürdige Alternativlösung bietet. Juristisch kann die Regierung wenig tun. Politisch kann sie ein Psychodrama veranstalten. 2003 hat sie Siemens davon abgeschreckt, Alstom zu begehren. (...) Allerdings bleibt wahr, was einst der damalige Premierminister Lionel Jospin gesagt hat: Der Staat kann nicht alles."

DPA · Reuters
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