Für Erwerbstätige waren die Abzüge durch Lohnsteuer und Beiträge für die Sozialversicherung im Jahr 2011 so hoch wie nie zuvor. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, stiegen die Abgaben so stark wie seit 17 Jahren nicht. Ein Durchschnittsverdiener habe 2011 insgesamt 9943 Euro an Staat und Sozialkassen gezahlt, schreibt das Blatt unter Berufung auf Angaben des Arbeitsministeriums.
Noch 2010 hätten die Abzüge bei lediglich 9390 Euro gelegen. Die Abgabenbelastung eines Arbeitnehmers ist damit in nur einem Jahr im Schnitt um 553 Euro gestiegen. Der höchste Anstieg seit 1995, so die Zeitung. Besonders stark seien die Lohnsteuerabgaben gestiegen: Im Schnitt habe der Staat pro Erwerbstätigem 300 Euro mehr als im Vorjahr eingenommen.
Ein Grund für die gestiegenen Einnahmen ist der Boom am Arbeitsmarkt. Mehr Menschen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt und müssen Einkommenssteuer zahlen. Allerdings lag das durchschnittliche reale Nettoeinkommen laut dem Bericht 2011 mit 17.650 Euro sogar unter dem Niveau des Vorjahres (17.666 Euro). Denn durch die sogenannte kalte Progression geraten auch Personen, deren Einkommen lediglich mit der Inflation wächst, in eine höhere Steuerklasse. Die paradoxe Folge: Trotz höheren Einkommens haben die Arbeitnehmer netto weniger in der Tasche. Die von der Regierung beschlossene Steuerreform soll diese "heimliche Steuererhöhung" ab 2013 zumindest abmildern.
Massive Überschüsse in der Sozialversicherung
Die gute Konjunktur und Beitragserhöhungen haben auch den Überschuss der deutschen Sozialversicherung massiv steigen lassen. Die Sozialkassen erzielten im vergangenen Jahr einen Überschuss von 13,8 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Das sind 10,9 Milliarden Euro mehr als im Jahr zuvor. Die Einnahmen stiegen um 2,1 Prozent auf 526,1 Milliarden Euro.
Zur Sozialversicherung gehören im Wesentlichen die gesetzliche Kranken- und Unfallversicherung, die Rentenkasse und die Arbeitlosenversicherung. Neben der guten Konjunktur ließ unter anderem der Anstieg des Krankenkassenbeitrags von 14,9 auf 15,5 Prozent die Einnahmen steigen. Die Ausgaben lagen mit 511,9 Milliarden Euro knapp (0,1 Prozent) unter dem Vorjahresniveau. Dazu kommt noch ein Saldo aus haushaltstechnischen Berechnungen von 400 Millionen Euro.
Kassen sparen bei Medikamenten
Der Anstieg der Ausgaben wurde von den Gesetzen - zur Arzneimittelmarktneuordnung und zur ausgewogeneren Finanzierung - begrenzt. Damit wies allein die gesetzliche Krankenversicherung einen Finanzierungsüberschuss von 9,3 Milliarden Euro aus - 5,8 Milliarden Euro mehr als 2010.
Die gesetzliche Rentenversicherung steigerte ihren Überschuss binnen Jahresfrist dank höherer Einnahmen um 2,7 Milliarden Euro auf 4,4 Milliarden. Der Überschuss der Pflegeversicherung erreichte mit 300 Millionen Euro das Niveau des Vorjahres.
Die Bundesagentur für Arbeit nahm dagegen deutlich weniger ein als im Vorjahr, weil die Arbeitgeber 2011 keine präventive Insolvenzgeldumlage bezahlen mussten. Insolvenzgeld wird an Arbeitnehmer gezahlt, die für die letzten drei Monate vor einer Insolvenz ihres Arbeitgebers noch Gehalt beanspruchen können. Die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt drückte die Ausgaben aber noch kräftiger als die Einnahmen: Das Finanzierungsdefizit sank damit auf nur noch 100 Millionen Euro - nach 3,1 Milliarden im Jahr 2010.