In wenigen Jahrzehnten wird Öl zur Mangelware. So besagt es die sogenannte "Peak Oil"-Theorie. Demnach ist Mitte des Jahrhunderts der Höhepunkt des Ölkonsums erreicht, die Fördermengen sollen anschließend dauerhaft zurückgehen, weil die zugänglichen Förderstätten erschöpft sind.
Der Abgesang auf das schwarze Gold begann schon in den 1970er Jahren. Damals gingen Wissenschaftler davon aus, dass die globalen Erdölressourcen schon zur Jahrtausendwende aufgebraucht sein könnten. Heute wird Öl weiterhin weltweit gefördert und dürfte je nach Schätzung für die kommenden 40 bis 50 Jahre ausreichen. Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert, dass die Nachfrage nach Öl – und weiteren fossilen Rohstoffen – ihren Höhepunkt im Jahr 2030 erreichen würde.
Bezogen auf Deutschland und weitere industrialisierte Länder mag das zutreffen: Hier sinkt der Ölverbrauch seit Jahren. Der Nachfrage-Peak, unter anderem aufgrund der Energiewende und der zunehmenden Elektrifizierung des Verkehrs, dürfte mancherorts bereits überschritten sein. Wo er noch aussteht, könnte er in den kommenden fünf Jahren folgen, schreibt die IEA in ihrem monatlichen Erdölbericht.
Dem entgegen steht eine leichte, aber stetig wachsende Ölproduktion: Im Jahr 2024 wurde rund zwei Prozent mehr Öl gefördert als im Jahr zuvor – auch das ein jahrelanger Trend, für den es zwei Gründe gibt: den wachsenden Energiebedarf in sich entwickelnden Staaten wie China, Indien und zahlreichen südostasiatischen Ländern sowie die petrochemische Industrie. Plastik- und Kunststoffprodukte dürften ab kommendem Jahr Haupttreiber für die Ölproduktion sein, schreibt die Energieagentur.
Aber was bedeutet das nun für die globalen Erdölressourcen?
Ölreserven verraten nichts über die fossilen Ressourcen
Wie viel Öl sich noch genau auf unserem Planeten befindet, lässt sich nicht genau sagen. Von der Menge der Reserven, also bereits erschlossener Ölstätten, lässt sich nicht auf die verbliebenen Ressourcen schließen. Das hängt auch mit dem Stand der Technik zusammen: Neue Fördertechnologien ermöglichen es heute, Ölvorkommen zu nutzen und zu entdecken, die vor einigen Jahrzehnten noch unerreichbar waren.
Reserven vs. Ressourcen
Als Reserven bezeichnen Rohstoffexperten tatsächlich bestätigte Vorkommen, die aktuell gefördert werden können. Diese Information reicht aber nicht für Prognosen darüber, wie lange Öl und Gas noch reichen werden. Dafür müssten die Ressourcen berücksichtigt werden. Diese lassen sich aber im Gegensatz zu den Reserven nicht genau beziffern. Bei den Ressourcen handelt es sich nämlich um fossile Quellen, die zwar nachgewiesen, aber unzugänglich und mit der aktuellen Technik nicht förderbar sind, oder grundsätzlich nicht genau erfasst werden können. Das bedeutet, dass es möglicherweise mehr Ressourcen geben könnte, als die Menge der Reserve verrät.
Hinzu kommt, dass auch der Verbrauch nicht stabil bleibt, heißt es von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Das kann verschiedene Ursachen haben: Erschöpfte Förderstätten, schwankende Ölpreise, Blockaden wichtiger Öltransportwege wie die Straße von Hormus, fehlende Investitionen oder die zunehmende Elektrifizierung des Verkehrs – es gibt zahlreiche Gründe, warum sowohl die Fördermenge als auch die Nachfrage nach Öl sinken kann. Deshalb sind Prognosen über Zeiträume, in denen das schwarze Gold "unbegrenzt" zur Verfügung steht, "nur eine Momentaufnahme", betonen die Rohstoffexperten des BGR.
Ökonomen, Klimawissenschaftler und -aktivisten argumentieren gerne, dass die Ölindustrie aufgrund begrenzter Ressourcen längst erkannt habe, dass ihr fossiles Geschäft endlich ist. Doch die Branche signalisiert das Gegenteil: "Unterm Strich ist der Einsatz neuer Explorations- und Fördertechnologien unumgänglich, denn nur damit werden aus Ressourcen auch nutzbare Reserven", heißt es etwa beim Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie e.V.
Je nach Prognose und technischer Entwicklung könnte es sein, dass die globalen Ölvorkommen noch weitere 100 Jahre ausreichen und auch gefördert werden. Selbst wenn der Westen die grüne Wende schafft, dürften die Petrostaaten so lange an ihrem fossilen Geschäft festhalten, wie es geht – Klimaziele hin oder her.