Die elektronische Gesundheitskarte gilt als weltweit ambitioniertestes Telematik-Projekt im Gesundheitswesen. Sie soll die bisherige Chipkarte der Krankenkassen ablösen. Die neue Karte wird neben den bisherigen Daten wie Name und Anschrift des Patienten auch seine Krankenakte speichern können: verschriebene Medikamente, Operationen und Krankheitsverläufe. Der Chip auf der Karte funktioniert dabei wie ein Computer. Er verschlüsselt die Daten und stellt sicher, dass nur berechtigte Personen auf die Informationen zugreifen können. Zur Identifikation des Karteninhabers wird die elektronische Gesundheitskarte außerdem mit einem Lichtbild ausgestattet. Das Bundesgeusndheitsministerium verspricht sich von der Einführung der Karte einen deutlich sinkenden Verwaltungsaufwand und damit Einsparungen in Millionenhöhe.
1. Warum wird die bisherige Krankenversichertenkarte ersetzt?
Die bisherige Krankenversichertenkarte hat nur eine geringe Speicherkapazität und keinen Mikroprozessor. Deshalb lassen sich mit ihr zwar Abrechnungsvorgänge standardisieren, aber keine sensiblen medizinischen Daten übermitteln.
Die elektronische Gesundheitskarte sorgt dafür, dass alle benötigten Gesundheitsdaten jederzeit überall verfügbar sind, zugleich aber auch geschützt sind. Damit werden für die Patienten belastende und zeitraubende Doppel- und Mehrfachuntersuchungen reduziert. Die Therapie kann schneller beginnen. Im Notfall kann das Leben retten.
Die Krankenversichertenkarte wird durch die elektronische Gesundheitskarte mit modernster Technik abgelöst:
(alte) Speicherkarte | (neue) Prozessorkarte | |
Verschlüsselung | nein | ja |
Speichergröße | 256 Byte | 32.000 - 64.000 Byte |
Signaturfähig | nein | ja |
Personalisierung | Vorderseite | Vorderseite/Rückseite |
Passfoto | nein | ja |
Gesundheitsdaten | nein | ja |
2. Was soll mit der neuen elektronischen Gesundheitskarte bewirkt werden?
Erstes Ziel ist die Verbesserung in der Qualität der medizinischen Versorgung, u. a. der Arzneimittelsicherheit. Weiterhin soll es zu einer Verbesserung patientenorientierter Dienstleistungen kommen und auch die Eigenverantwortung, Mitwirkungsbereitschaft und –initiative der Patienten soll gestärkt werden.
Gesundheitsministerium und Kassenverbände erhoffen sich außerdem eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Leistungstransparenz im Gesundheitswesen, unter anderem durch die Optimierung von Arbeitsprozessen und Bereitstellung von aktuellen gesundheitsstatistischen Informationen.
3. Welche Angaben sind auf der Chipkarte gespeichert?
Laut GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) kann man die Daten auf der Chipkarte in zwei Kategorien unterteilen: den administrativen und den medizinischen Teil der Karte.
Die Angaben im administrativen Teil zählen zum Pflichtteil und sind für jeden Versicherten obligatorisch. Dazu gehören:
1. Versicherungsangaben
Die Bezeichnung der ausstellenden Krankenkasse, einschließlich eines Kennzeichens für die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bezirk der Versicherte seinen Wohnsitz hat
Familienname und Vorname des Versicherten
Geburtsdatum
Geschlecht
Anschrift
Krankenversichertennummer
Versichertenstatus (z. B. Mitglied, Familienversicherter, Rentner)
Zuzahlungsstatus
Tag des Beginns des Versicherungsschutzes
Bei befristeter Gültigkeit der Karte das Datum des Fristablaufs
Unterschrift und Lichtbild des Versicherten
2. Berechtigung, im europäischen Ausland behandelt zu werden
Dieser Teil ist der Ersatz des bisher gültigen E-111-Formulars und wird durch einen Sichtausweis auf der Rückseite der Gesundheitskarte dargestellt.
3. Möglichkeit zur papierlosen Übertragung eines Rezepts
Das ist das so genannte elektronisches Rezept, das jetzt auch auf der Chipkarte gespeichert werden kann.
Die Angaben im medizinischer Teil der Karte zählen zum freiwilligen Teil der elektronischen Gesundheitskarte und bedürfen vor der Nutzung der Einwilligung der Versicherten. Dazu können gehören:
Dokumentation der eingenommenen Arzneimittel;
Notfallinformationen (z. B. Blutgruppe, chronische Organleiden, Allergien, Herzkrankheit, Dialyse, Asthma);
zusätzliche Gesundheitsinformationen (z. B. aktuelle Diagnosen, Operationen, Impfungen und Röntgenuntersuchungen);
Möglichkeit zur Aufnahme von elektronischen Mitteilungen (elektronischer Arztbrief);
Ermöglichung einer sogenannten Patientenquittung, welche den Patienten über die vom Arzt erbrachten Leistungen und deren vorläufige Kosten informiert;
eigene von den Patienten selbst zur Verfügung gestellte Daten (z. B. Verlaufsprotokolle eines Diabetikers, Hinweis auf Patientenverfügungen);
Die hierfür notwendigen Daten werden entweder auf der Karte selbst gespeichert (z. B. die Notfallinformationen) oder auf Servern, wobei der Zugriff dann über elektronische Verweise auf der Karte erfolgt. Die elektronische Gesundheitskarte muss außerdem technisch geeignet sein, Authentifizierung, Verschlüsselung und elektronische Signatur zu ermöglichen.
4. Bedeutet die Speicherung der freiwilligen Daten, dass sämtliche Daten gespeichert werden oder ist innerhalb einzelner Bereiche eine selektive Speicherung möglich?
Eine selektive Speicherung innerhalb einer Anwendung soll möglich sein (also z.B. nur bestimmte Arzneimittel oder einzelne Röntgenbilder). Gleiches gilt für die Löschung der Daten, wenn der Patient dies wünscht.
5. Auf welchem Weg hat der Patient Zugriff auf seine Daten?
Der Zugriff erfolgt über die elektronische Gesundheitskarte zusammen mit einem elektronischen Heilberufsausweis bzw. beim Patientenfach auch mit einer Signaturkarte des Patienten.
6. Welchen Vorteil habe ich durch die elektronische Gesundheitskarte?
Die wesentlichen Vorteile der Nutzung der Krankenversichertenkarte als Gesundheitskarte für die Patienten bestehen darin, dass wichtige Gesundheitsdaten schnell verfügbar sind (z. B. im Notfall und beim Arztwechsel) und dadurch in vielen Fällen eine qualitativ bessere Behandlung erreicht werden kann. Durch den Überblick, den die Arzneimitteldokumentation über die verordneten Arzneimittel (auf Wunsch des Patienten) gibt, können unter Umständen lebensbedrohliche Interaktionen von Arzneimitteln, Arzneimittelunverträglichkeiten oder die Verordnung ungeeigneter Arzneimittel vermieden oder zumindest reduziert werden.
Die Gesundheitskarte ist hinsichtlich der Gefahr des Missbrauchs deutlich sicherer als die bisherige Krankenversichertenkarte, weil sie ein Lichtbild enthält. Dadurch können der Versichertengemeinschaft Kosten in Millionenhöhe erspart werden, was jedem Einzelnen zugute kommt.
Jeder Versicherte erhält durch die verbesserte Möglichkeit, die über ihn gespeicherten Daten vollständig zu lesen bzw. sich ausdrucken zu lassen, einen besseren Überblick über seinen eigenen Gesundheitsstatus (Impfstatus, Allergien, Verlauf chronischer Erkrankungen, Vorsorgeuntersuchungen). Dadurch wird auch die Eigenverantwortung und aktive Mitwirkung des Versicherten bzw. des Patienten gestärkt.
7. Wie nutzt die neue Karte dem deutschen Gesundheitswesen?
Auch das deutsche Gesundheitswesen insgesamt wird von der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte profitieren. Dies geschieht durch:
* bessere Verzahnung der unterschiedlichen Anbieter von Gesundheitsleistungen auf ambulanter, stationärer und rehabilitativer Ebene;
* einen Beitrag zur Verbesserung der Kompatibilität von vorhandenen und sich entwickelnden Telematikanwendungen;
* eine bessere Grundlage zur Generierung von Strukturdaten.
Das Bundesgesundheitsministerium sowie Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen erwarten, dass diese Vorteile werden zu Kostendämpfung und mehr Leistungstransparenz führen.
8. Lassen sich Doppeluntersuchungen und Fehlbehandlungen durch die Chipkarte vermeiden?
Ja, denn gerade Doppel- bzw. Mehrfachuntersuchungen sind in den Fällen vermeidbar, in denen dem Arzt rechtzeitig Informationen zu bereits erfolgten und behandlungsrelevanten Untersuchungen zugänglich sind. Mit der Gesundheitskarte geschieht dies zeitnah.
Doppeluntersuchungen sind häufig mit Belastungen für Patienten verbunden. Erfahrungen mit Papier-Gesundheitspässen zeigen, dass Patienten dann, wenn sie Ergebnisse von Voruntersuchungen verfügbar machen können, selbst ein Interesse daran haben, Doppeluntersuchungen zu vermeiden. Bei vielen Ärzten und Apotheken werden bereits EDV-Systeme eingesetzt, die Hinweise auf Arzneimittel-Unverträglichkeiten aufzeigen. Die Digitalisierung von Gesundheitsdaten erleichtert die Anwendung solcher Systeme.
Gerade die beabsichtigte Kooperation von Versorgungsstrukturen (ambulanter, stationärer und rehabilitativer Bereich) erfordert es, dass Informationen besser ausgetauscht werden, damit schneller und zielgerichteter gehandelt und insbesondere auf bisherige Untersuchungen schnell zurückgegriffen werden kann, statt Doppeluntersuchungen durchzuführen. Hier stellt die geplante Gesundheitskarte nach Expertenemeinung auch ein effektives Werkzeug zur Unterstützung des Hausarztes als Koordinator und Lotsen im Gesundheitssystem dar.
9. Ist der Datenschutz gewährleistet ?
Zum Schutz der Daten der Patienten wurden in enger Abstimmung mit dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz eine Reihe von Regelungen in das SGB V aufgenommen. Das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von medizinischen Daten mittels der elektronischen Gesundheitskarte ist nur mit dem Einverständnis der Versicherten und nach vorheriger Information der Versicherten zulässig. Die Verarbeitung mit Hilfe der elektronischen Gesundheitskarte beschränkt sich auf das Erforderliche zur Versorgung. Patienten können einzelne Datensegmente für den Zugriff freigeben oder sperren. Die bestehenden Rechte der Patientinnen und Patienten, Daten einzusehen und ggf. Ausdrucke zu machen, werden erleichtert.
Darüber hinaus ist durch technische Vorkehrungen zu gewährleisten, dass der Zugriff nur durch Autorisierung der Versicherten und grundsätzlich nur zusammen mit einem elektronischen Heilberufsausweis erfolgt.
Verwendungsverbot:
Nicht Zugriffsberechtigte dürfen vom Versicherten nicht verlangen, Zugriff auf die Daten der Gesundheitskarte zu erhalten; ein solches Verlangen darf mit den Versicherten auch nicht vereinbart werden; dies gilt auch für Zugriffsberechtigte, die den Zugriff zu anderen als Versorgungszwecken verlangen (zum Beispiel der Betriebsarzt) .
Beschlagnahmeverbot:
Die Daten der elektronischen Gesundheitskarte dürfen nicht beschlagnahmt werden.
Um die mittels der Gesundheitskarte erfolgten Zugriffe kontrollieren zu können, sehen die gesetzlichen Regelungen vor, dass die letzten 50 Zugriffe jeweils protokolliert werden müssen.
Die Patientinnen und Patienten bekommen auch das Recht, die Löschung ihrer Daten zu verlangen. Eine selektive Löschung einzelner Daten ist möglich.
10. Dürfen Dritte - wie beispielsweise der Arbeitgeber - Patientendaten erhalten oder weitergeben?
Ganz klares Nein. Niemand darf auf die Daten der Gesundheitskarte zugreifen, wenn es nicht der medizinischen Versorgung der Patienten dient - auch nicht mit Einwilligung der Patienten. Voraussetzung für den Zugriff auf die medizinischen Daten der Patienten ist ein elektronischer Heilberufsausweis. Die Rahmenarchitektur sieht dazu den Einsatz einer persönlichen Identifikationsnummer (PIN) vor.