In seiner Zeit als Richter am Bundesgerichtshof (BGH) war Wolfgang Römer mit wirklich gravierenden Fällen befasst. Jetzt muss der 66-Jährige mitansehen, wie der Postbote an manchen Tagen Waschkörbe voller Beschwerden in sein Berliner Büro bringt. Besonders wenn er im Fernsehen seine Arbeit als Ombudsmann für Versicherungen vorgestellt hat, brechen die Dämme. Ein zweischneidiger Erfolg. Zwar muss sich der Ombudsmann, den die Versicherungswirtschaft im Oktober 2001 als kostenlose Schlichtungsstelle für Verbraucher eingeführt hat, um Breitenwirkung bemühen. Andererseits kritisieren Verbraucherschützer schon jetzt Bearbeitungszeiten von bis zu zehn Monaten.
Aufgabe des Ombudsmannes ist, Streitigkeiten von Verbrauchern mit ihren Versicherungen ohne Gerichtsverfahren beizulegen. Bis zu einem Beschwerdewert von 5.000 Euro kann er Entscheidungen fällen - mit bindender Wirkung für die Unternehmen. Bis zu einem Beschwerdewert von 50.000 Euro gibt er Empfehlungen ab. Den Verbrauchern steht unabhängig vom Spruch des Schlichters der Weg zu den Gerichten offen. Ein gutes Jahr nach seinem Amtsantritt bestehen an Römers Unabhängigkeit keine Zweifel: "Er hat die nötige Distanz und lässt sich nicht vor den Karren der Versicherungswirtschaft spannen", lobt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten (BDV) in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg. Auch die Gegenseite gibt sich zufrieden: "Er ist als Mittler zwischen Kunden und Versicherern akzeptiert", sagt Gabriele Hoffmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin.
Römer selbst verweist am liebsten auf den Nutzen, den seine Tätigkeit den Versicherten gebracht hat. Von den 3.279 als zulässig erledigten Beschwerden des ersten Jahres waren 43,15 Prozent erfolgreich. In 1.359 Fällen gaben die Unternehmen nach der Einschaltung des Ombudsmannes von sich aus nach. Nur 56 Mal musste eine förmliche Entscheidung oder Empfehlung ausgesprochen werden. Die Erfolgsquote verliert freilich etwas an Glanz, wenn ihr die Zahl sämtlicher Eingaben zu Grunde gelegt wird: Den 3.279 zulässigen stehen nämlich 3.811 unzulässige Beschwerden gegenüber. Der Ombudsmann ist weder für die gesetzliche Sozialversicherung zuständig noch für die private Krankenversicherung (PKV). Für die PKV haben die Versicherer einen eigenen Ombudsmann bestellt, was Römer bedauert. Es gibt weitere Einschränkungen, die bei Verbraucherschützern auf Kritik stoßen, etwa der maximale Streitwert von 50.000 Euro. "Diese Summe ist bei Fragen der Berufsunfähigkeit schnell überschritten", sagt BDV-Geschäftsführer Frank Braun. Nicht an den Ombudsmann wenden können sich auch Gewerbetreibende und Selbstständige. Der größte Widerstand richtet sich aber gegen die Entscheidung, so genannte Drittgeschädigte von der Schlichtung auszunehmen. Wer sich also als Unfallopfer über die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners beschweren will, ist beim Ombudsmann an der falschen Adresse. Römer kann die Kritik an dieser Regelung zwar verstehen. Eine Ausweitung seiner Zuständigkeit will er aber erst befürworten, wenn die Startschwierigkeiten überwunden und die Rückstände abgearbeitet sind. Auch müssten dann ausgewiesene Spezialisten für Schadensrecht eingestellt werden. Derzeit verfügt Römer über einen Stab von 20 Mitarbeitern, darunter sechs Volljuristen. Er selbst steigt nach eigenen Worten in die Fallbearbeitung manchmal tiefer ein als ihm lieb ist. Am liebsten sind Römer die Fälle, die gar nicht erst entstehen. So erhofft er sich vom Dialog mit den Versicherern und von seinem jährlichen Tätigkeitsbericht auch eine erzieherische Wirkung.
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