Jede zweite Lebensversicherung wird vorzeitig gekündigt. Das eingezahlte Geld ist dann meist futsch. Bei einer Kündigung gehen gerade in den ersten Vertragsjahren die Prämien fast vollständig verloren. Aber auch Versicherte, die viele Jahre eingezahlt haben, werden oft mit einem extrem niedrigen Rückkaufwert abgespeist. Der Verkauf der Lebensversicherung an einen Policen-Händler ist da für viele Verbraucher, die ihre Versicherung nicht mehr bezahlen können, scheinbar eine gute Lösung. Doch der Deal rechnet sich nur selten.
In einer Untersuchung der Zeitschrift "Finanztest" haben die Tester Anbieter gefragt und Angebote eingeholt. Das Ergebnis: Nur ein Unternehmen machte ein "akzeptables Angebot". So habe die Firma "Policen Direkt" als einzige für die Lebensversicherung der Tester mehr als den Rückkaufwert geboten. Teils hätten die Kunden sogar einen Verlust in Kauf nehmen müssen, weil die Ankäufer weniger auszahlten als der Versicherer. Ingesamt sei der Markt "äußerst undurchsichtig" und es gebe viele dubiose Firmen, so "Finanztest". Erst Anfang des Monats hatte die Finanzaufsicht Bafin vor Betrügern gewarnt, die beim Aufkauf von Lebensversicherungen mit hohen Renditen locken.
Versicherungsaufkäufer verdienen Geld, indem sie die erworbenen Policen bis zum Ende der Laufzeit weiterführen und den Gewinn kassieren, der dann fällig wird. Den Verbrauchern zahlen die Spezialfirmen im Gegenzug den Rückkaufwert plus einen Aufschlag. Eigentlich ein Geschäft, von dem alle Beteiligten profitieren. In den vergangenen Jahren funktionierte das Geschäftsmodell laut "Finanztest" allerdings immer schlechter. Weshalb viele Firmen den Kunden mittlerweile nicht einmal den Rückkaufwert bezahlen.
Andere Firmen würden den Kaufpreis nicht auf einen Schlag bezahlen, sondern in mehreren Raten über Jahre verteilen. Ob die vereinbarte Summe irgendwann überhaupt komplett überwiesen wird, sei dabei oft nicht klar. So hatte die Firma "Dr. Mayer & Cie GmbH" zahlreichen Kunden die versprochenen Raten vorenthalten. Die Geschäftsführerin der Firma wurde 2011 in Holland verhaftet.
stern.de sagt, worauf Sie beim Verkauf Ihrer Lebensversicherung achten müssen und welche Alternativen es gibt.
Stellen Sie den Vertrag beitragsfrei
Wer sich die Beiträge für die Lebensversicherung wegen Arbeitslosigkeit, Berufsunfähigkeit oder Scheidung finanziell nicht mehr leisten kann, kann den Vertrag auch beitragsfrei stellen lassen. Das bedeutet, die Beitragszahlungen werden gestoppt und der Vertrag auf dem aktuellen Stand eingefroren. An Überschüssen der Versicherung kann der Versicherte aber weiter beteiligt werden. Dadurch kommt nach Ende der Laufzeit oft mehr Geld heraus als bei Kündigung oder Verkauf.
Streichen Sie die Dynamik aus dem Vertrag
Wer verhindern möchte, dass die Beiträge regelmäßig steigen, sollte die Dynamik aus dem Vertrag streichen. Auf diese Weise können Sie sicherstellen stellen, dass Ihnen die Prämien nicht über den Kopf wachsen. Auch wenn das die Auszahlungen am Ende der Laufzeit schmälert.
Nehmen Sie ein Policendarlehen auf
Wer die Police verkaufen will, um an Geld zu kommen, kann stattdessen auch ein Policendarlehen aufnehmen, das einige Versicherer bis zur Höhe des aktuellen Rückkaufswertes gewähren. Das Darlehen muss spätestens bei Ablauf der Versicherung oder im Leistungsfall zurückgezahlt werden. Der Zins für das Darlehen ist deutlich höher als die Verzinsung der Police, weshalb es sich oft nur lohnt, wenn der Vertrag in wenigen Jahren ausläuft. Die Darlehen werden von Versicherern angeboten und von Firmen, die Lebensversicherungen aufkaufen.
Fragen Sie Ihren Versicherer nach dem Rückkaufwert
Wenn Sie Ihre Lebensversicherung verkaufen möchte, sollten Sie zunächst den Versicherer nach dem aktuellen Rückkaufwert fragen. Gleichzeitig sollten Angebote mehrerer Policenhändler eingeholt und mit dem Angebot der Versicherung verglichen werden. Oft zahlen Policen-Händler den Rückkaufwert, den der Versicherte vom Versicherer bekommen würde, plus einen Aufschlag. Laut Stiftung Warentest zahlen inzwischen aber einige Händler weniger für eine Police als die Versicherung.
Worauf Sie sonst noch achten sollten
Manche Policen-Händler fordern einen fünfstelligen Rückkaufswert von 10.000 oder sogar 20.000 Euro. Wer seine Versicherung noch nicht lange hat, kann sie daher oft noch gar nicht verkaufen. Verbraucherschützer raten zudem dringend, nur auf Angebote einzugehen, bei denen der Kaufpreis sofort und vollständig ausgezahlt wird. Es gibt Firmen, die nur einen Teil sofort auszahlen und den Rest in Raten oder Jahre später. Dies birgt zusätzliche unabschätzbare Risiken.
Das geschieht mit der verkauften Police
Ursprünglich führten die Händler die aufgekauften Versicherungen weiter und strichen den Gewinn ein, der nur fällig wird, wenn der Vertrag bis zum Ende läuft. Mit der Aussicht auf den Gewinn zahlten sie den Versicherten den Aufschlag auf den Rückkaufwert. Inzwischen gibt es aber auch Firmen, die die Police nach dem Kauf sofort kündigen und zum Beispiel in Immobilienfonds investieren.
So schützen Sie sich vor schwarzen Schafen
Wer sich vor schwarzen Schafen schützen will, sollte prüfen, ob der Anbieter Mitglied im Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt (BVZL) ist. Manche Händler räumen den Kunden das Recht ein, Banken als Treuhänder einzusetzen. Im Streitfall helfen die Verbraucherzentralen weiter.