Trauer um "FAZ"-Herausgeber Frank Schirrmacher ist tot

Er war Journalist und "FAZ"-Herausgeber, Buchautor und vor allem immer wieder leidenschaftlicher Streiter: Frank Schirrmacher ist am Donnerstag gestorben.

Der Mitherausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Frank Schirrmacher, ist tot. Das teilte der Verlag am Donnerstag mit. Er wurde 54 Jahre alt.

Bekannt ist der Publizist, der gesellschaftliche Debatten in Deutschland mehrfach mitprägte, auch als Autor von Büchern wie "Das Methusalem-Komplott", in dem er sich bereits vor zehn Jahren mit dem Problem der Überalterung auseinandersetzte, und zuletzt "Ego".

"Er war einer der scharfsinnigsten und profiliertesten Journalisten und Intellektuellen", schrieb die "FAZ" auf ihrer Internetseite. Schirrmacher erlag einem Herzinfarkt, wie die Zeitung auf ihrer Website berichtet.

Nachfolger von Joachim Fest

Schirrmacher galt als besessener Zeitungsmacher. 1959 als Sohn eines Beamten in Wiesbaden geboren, hatte er nach seiner Dissertation über Franz Kafka bei der "FAZ" hospitiert, der er seither treugeblieben war.

Bücher von Frank Schirrmacher

2004: In "Das Methusalem-Komplott" behandelt er den demografischen Wandel und die fortschreitende Überalterung der Gesellschaft - und spricht sich gegen einen diskriminierenden Umgang mit Älteren aus.

2006: Über den Wert sozialer Beziehungen schreibt er in

"Minimum"

: Die Gesellschaft sei nicht auf die Auflösung des privaten Versorgungsnetzes aus Freundschaft und Familie vorbereitet.

2009: Mit dem Informationszeitalter setzt er sich in

"Payback"

auseinander - und zeichnet ein trübes Bild der digitalen Gegenwart. Es gebe einen Zwang, sich ständig informieren zu müssen.

2013: In

"Ego"

geht es darum, dass ein Fließband-Egoismus das gesamte Sozialwesen erobert habe. Der reale Mensch mit seinen Schwächen und moralischen Ansprüchen werde allmählich zum Systemfehler.

Die Leitung der "FAZ"-Redaktion "Literatur und literarisches Leben" übernahm Schirrmacher 1989 als Nachfolger von Marcel Reich-Ranicki, mit dem er eng befreundet war. 1994 wurde Schirrmacher als Nachfolger von Joachim Fest zu einem der Herausgeber der "FAZ" berufen, er war dort für Feuilleton und Wissenschaft verantwortlich. Im Jahr 2000 ließ er auf sechs "FAZ"-Seiten die letzte Sequenz des menschlichen Erbguts drucken. Die Aktion erregte bundesweit Aufsehen.

"Erstaunlich kritischer Geist"

"Mit einem feinen Gespür für Zukunftsthemen und einer großen Gabe zur immer inhaltlich fundierten Zuspitzung ausgestattet, machte er die Zeitung früh zum Meinungsführer bei Fragen der gesellschaftlichen Bedeutung der Gentechnik, des demographischen Wandels und der Digitalen Welt", erinnerte die "FAZ" an Schirrmacher. Seine Bücher seien zu Bestsellern geworden, weil er es verstanden habe, komplexe Themen für ein breites Publikum aufzubereiten.

Kurz nach der Todesnachricht gab es bereits eine Fülle von bestürzten Reaktionen. Der Präsident der deutschen Sektion der Schriftstellervereinigung PEN, Josef Haslinger, nannte Schirrmacher einen "erstaunlich kritischen Geist", der seine Zeitung für viele kontroverse Themen geöffnet habe. Er habe dem Blatt, das als Wirtschaftszeitung bekannt war, ein ganz anderes Gesicht gegeben.

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