Sagen Ihnen Claus Holtfoth und Ulli Ahlers etwas?
Ich tappe grad total im Dunkeln.
Sie bildeten 1999 ein schräges Duo...
Ja. Ja. Die Ö la Palöma Boys. Sie machten aus meinem Song einen Blödelhit in Deutschland.
Eine schmerzhafte Vergewaltigung?
Ich fand es lustig. Als die beiden eine Platin-Platte erhielten, war ich dabei.
Diese Fassung ist nur eine der vielen Kopien des Originals.
Sie sind kaum zu zählen, mehr als 300 Varianten inzwischen. Es kommen immer neue hinzu. Jedes Jahr steht irgendwo auf der Welt ein Künstler in der Hitparade mit meiner weißen Taube. Vom Discotakt bis zum klassischen Arrangement. Ein US-Fußballteam benutzt "La Paloma" sogar als Vereinshymne.
Der zum Tode verurteilte Amerikaner Gary Gilmore wollte den Song unbedingt vor seiner Hinrichtung hören.
Ja, dies beschrieb Norman Mailer in einem seiner Bücher. Ein faszinierender Gedanke, dass ein Mensch mit meiner Melodie im Hinterkopf sterben wollte.
Wird es nicht langweilig, immer und ewig mit der Taube verbunden zu werden?
Es wäre überheblich, mich von diesem Erfolg zu distanzieren.Wenn ich es mal satt bin, sage ich mir: George, ohne dieses Liedchen würdest du noch am Fließband stehen.
Was ist das Geheimnis von "La Paloma"?
Wenn ich das wüsste... Dann wären doch alle meine Kompositionen Bestseller geworden. Sicher ist, dass die Fröhlichkeit, die Leichtigkeit, das Schifferklavier und die Blockflöte dazu beigetragen haben.
Ihre Plattenfirma jedoch wollte "La Paloma" eigentlich gar nicht international vermarkten.
Deswegen reiste unser damaliger Manager nach Hamburg. Zu Warner Brothers. Der Chef Sigi Loch war begeistert und brachte "Una Paloma Blanca" weltweit heraus. Allein in Deutschland verkauften wir anderthalb Millionen Scheiben.
Zur Person
Bürgerlich heißt George Baker Hans Bouwens. Sein Hit "Una Paloma Blanca" wurde in 300 Versionen von beinahe ebenso vielen Interpreten aufgenommen. George Baker selbst besang 21 Alben und zusätzlich 48 Singles. In den vergangenen knapp 40 Jahren komponierte er insgesamt 602 Lieder. "Little Green Bag" hieß 1969 sein erster Schlager. Baker lebt heute mit Ehefrau Blanche in der Nähe des malerischen Städtchens Gouda. Er hat sieben Kinder aus zwei Ehen.
Anschließend tingelten Sie mit Ihrer Selection Band zehn Jahre durch die Welt.
Bis die Luft raus war. Die Popbranche änderte sich. Andere Stars eroberten die Bühnen, mit neuen Trends, neuen Ideen.
Und George Baker zog sich 1990 mit 45 Jahren als Rentner zurück.
Kaputt, geschlaucht - aber viel zu jung. Fünf Jahre genoss ich den Ruhestand, lebte nach der Hektik vergnüglich im Leerlauf im sonnigen Süden Spaniens. Aber wie viel Paella kann man essen? Wie viel Rioja kann man trinken? Eines Tages schlug die Langeweile zu. Ich saß in einem tiefen Loch.
Wieso?
Das war doch eine verrückte Situation. Ein noch ziemlich junger Mann, der ohne sinnvolle Arbeit von seinem Kapital lebt. Ich zog schnell einen Schlussstrich.
Und kehrten zurück ans Ijsselmeer.
Ich fing zu Hause wieder an zu singen und zu spielen. Dabei stellte sich heraus, dass La Paloma von den Fans nicht vergessen war, sondern sich zum Evergreen entwickelt hatte. Daran konnte ich anknüpfen. Seitdem trete ich wieder auf, solo. Vor allem gastiere ich in Deutschland.
Was ist der Unterschied zu dem George Baker von damals?
Ich bin kein Star mehr, sondern eher ein normaler Musiker. Der Drang, Hits zu produzieren, die Kassen der Manager zu füllen, ist vorbei. "Una Paloma Blanca" hat mir unendliche Freiheit beschert.
Interview: Albert Eikenaar