Air Berlin und Lufthansa Fluglinien machen Abgeordnete zu Meilen-Königen

Normalbürger müssen sich die Privilegien erst erfliegen. Bundestagsabgeordnete bekommen die begehrten Vielfliegerkarten umsonst. Nicht nur von Air Berlin - sondern auch von der Lufthansa.

Bei Deutschlands größten Fluglinien genießen Parlamentarier Vorteile. Neben Air Berlin bestätigte auch die Lufthansa, Abgeordneten des Deutschen Bundestags standardmäßig Vielflieger-Karten auszuhändigen - ohne dass die Politiker dafür zuvor viel fliegen müssen.

Alle Abgeordneten erhielten schon seit den 70er-Jahren eine kostenlose Senatoren-Karte, sagte ein Lufthansa-Sprecher der Financial Times Deutschland. "Wir sehen das als Dienstleistung gegenüber dem Großkunden Deutscher Bundestag."

Das Programm sei mit der Bundestagsverwaltung abgestimmt und mehrfach rechtlich geprüft worden. Er betonte, dass den Abgeordneten keine verbilligten Flüge oder ähnliches angeboten würden. Die Politiker hätten an Flughäfen lediglich Zugang zu den Lounges und würden beim Check-in bevorzugt behandelt, wodurch sie Zeit sparen.

Die Frage, was die Volksvertreter mit den gesammelten Meilen tun, sei gesondert zu betrachten: "Wie die Abgeordneten mit den Meilen umzugehen haben, regelt eine Richtlinie des Bundestags, nicht wir."

Ähnlich äußerte sich auch Air Berlin, nachdem Kritik an der bevorzugten Behandlung von Abgeordneten aufgekommen war. Die Fluglinie hatte nach Recherchen der "Frankfurter Rundschau" Parlamentariern eine Topbonus-Karte geschenkt.

"Nährboden für spätere Lobbyaktivitäten"

Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International forderte daraufhin den Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) auf, die Zahl der Volksvertreter offenzulegen, die diese Vorteile nutzten. "Diese Art von Annehmlichkeiten für Abgeordnete sind der Nährboden für spätere Lobbyaktivitäten", kritisierte ihr Transparency-Geschäftsführer Christian Humborg. Manche Unternehmen bieten allerdings nicht nur Politikern Annehmlichkeiten an, sondern auch Journalisten.

Air Berlin bestätigte am Dienstag in einer Mitteilung, allen Parlamentariern in der Hauptstadt eine goldene Vielfliegerkarte geschenkt zu haben. Die Politiker dürften diese nach einer Regelung des Parlaments aber nur dienstlich nutzen, hob das Unternehmen hervor. Die Praxis sei mit der Bundestagsverwaltung abgestimmt worden.

"Die Goldkarte erleichtert das Reisen", sagte eine Unternehmenssprecherin der Nachrichtenagentur DPA. Mit der "Topbonus Gold Card" genießen die Kunden Annehmlichkeiten, für die sie üblicherweise 40.000 Statusmeilen sammeln müssen. Darunter sind größere Sitze mit mehr Beinfreiheit, eine bevorzugte Abfertigung, zusätzliches Freigepäck und 40 Prozent Bonus auf alle gesammelten Meilen. Service-Gebühren fallen weg.

Air Berlin fügte hinzu, für die private Nutzung sei den Parlamentariern eine einfache Vielfliegerkarte angeboten worden. Diese könne jeder Kunde anfordern, um Meilen zu sammeln.

Zwei Karten - eine dienstlich, die andere privat

Der Bundestag bestätigte, dass die Abgeordneten die Karten bekommen hätten. Den Parlamentariern seien im Sommer 2008 unaufgefordert jeweils zwei Karten von Air Berlin zugeschickt worden - und zwar zum Sammeln dienstlicher und privater Meilen. Die mit der "Card Gold" verbundenen Servicevorteile wie bevorzugter Check-in, kostenlose Sitzplatzreservierung oder kostenlose zusätzliche Gepäckmitnahme seien keine Spende im Sinne der Verhaltensregeln. Daher müssten die Abgeordneten das auch nicht melden.

Das Parlament wies allerdings darauf hin, dass dienstlich erflogene Meilen wieder für Dienstreisen eingesetzt werden müssen.

Abgeordnete können sich übrigens auch fürs Zugfahren entscheiden. Sie erhalten standardmäßig eine Netzkarte 1. Klasse der Deutschen Bahn - die Kosten dafür werden dem im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen von der Bundestagsverwaltung ersetzt. Kosten für Inlandsflüge werden den Politikern ebenfalls erstattet, wenn die Reisen in "Ausübung des Mandats" stattfinden. Was Mandat ist und was nicht, war in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand hitziger Debatten.

Besonders für Air Berlin kommt die Diskussion zur Unzeit. Erst vor kurzem hatte die Fluggesellschaft bekanntgegeben, das langjährige Sonderflugprogramm für Prominente zum Jahresende zu beenden. Mit einer besonderen Karte konnten mehr als 100 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Sport, Kultur und Unterhaltung und ihre Familien jederzeit kostenlos mit der Airline fliegen.

Seit September führt Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn die Fluggesellschaft. Die Vorteile für die Prominenten waren unter seinem Vorgänger Joachim Hunold gewährt worden.

FTD