Etwa 2650 Jahre nach dem Tod eines Mädchens im Uchter Moor wollen Hamburger Rechtsmediziner der niedersächsischen Moorleiche "Moora" ein Gesicht geben. "Das ist unser Hamburger Ötzi-Fall", sagte Klaus Püschel, Professor am Institut für Rechtmedizin des Universitätskrankenhauses Hamburg-Eppendorf (UKE). Erste Untersuchungen hatten ergeben, dass das "zierliche Mädchen" etwa 1,50 Meter groß war. Es war zwischen 16 und 19 Jahre alt, als es im Uchter Moor versank. Darauf deute der Zustand der gefundenen Knochen hin. In ihrem kurzen Leben hatte "Moora" mehrere Hungersnöte durchlitten.
Die Moorleiche war beim Torfabbau im Kreis Nienburg entdeckt worden. Als vor Jahren erste Knochenteile gefunden wurden, war die Polizei zunächst von einem Verbrechen ausgegangen. Die Staatsanwaltschaft hatte die Hamburger Rechtsmediziner beauftragt zu untersuchen, ob es sich bei der Toten um eine seit etwa 30 Jahren in der Gegend vermisste 16-Jährige handelt. "Für die Gerichtsmedizin war es der Super-Gau, dass es dann eine fast 3000 Jahre alte Leiche war", sagte Püschel.
Erst nach der Auswertung zahlreicher weiterer Untersuchungsdaten könne frühestens im kommenden Jahr mit der plastischen Rekonstruktion des Kopfes begonnen werden, sagte Püschel: "Wir wollen dem Mädchen ein Gesicht geben."
Niedersachsens Landesarchäologe Henning Haußmann sagte, mit der "unglaublich gut erhaltenen Leiche" sei eine "Zeitkapsel" ausgegraben worden. Da in der vorrömischen Eisenzeit Feuerbestattungen üblich waren, biete der Fund die Chance zu einem einzigartigen Blick in die Zeit um 650 vor Christus. Die Moorleiche soll später wahrscheinlich im Niedersächsischen Landesmuseum in Hannover ausgestellt werden. "Moora" soll dann neben dem "Roten Franz" liegen, einem Moor-Mann aus dem Emsland.