GESPERRT! Mercedes E-Klasse Mit schneller Eingreiftruppe

Von Peter Weyer
In der neuen Mercedes E-Klasse arbeiten bis zu 16 Assistenzsysteme. Die elektronischen Helferlein sollen gegen fast alle Risiken schützen und laden sogar zur Kaffeepause ein.

Werbung bei Mercedes ist ein ernstes Geschäft. Aufwendige Abstimmungsrunden, zermürbende Konzeptgespräche und langwierige Strategiediskussionen. Ohne Segen aus dem Konzernolymp wird kein Komma geändert. Das geht jetzt schneller. Nun ist "Guerilla-Marketing" angesagt, wie Bernd Stegmann die neue Masche nennt. Er ist Leiter Produktmanagement der neuen E-Klasse.

Bestes Beispiel seien die beiden Schutzengel aus der Fernsehwerbung. Einer der beiden pausbäckigen Putten ist arbeitslos, weil sein irdischer Schützling am Steuer der brandneuen Stuttgarter Limousine unterwegs ist. Daraufhin beschimpft der andere Knabe seinen geflügelten Nachbarn auf der Wolke als "faule Sau". Wörtlich. Diese Szene soll beweisen, welchen Crash-Schutz die neue E-Klasse bietet. Damit, so Stegmann, beweise Mercedes auch mal lockere "Selbstironie". Eine Interpretation, die sich nicht jedem Kunden auf Anhieb erschließen dürfte.

Guerilla-Marketing, meist aus Gründen des Sparzwangs, gilt unter Experten als eine Nothilfe, wenn mit geringen Mitteln große Wirkung erzielt werden soll. Nötig hat die neue E-Klasse derlei Mätzchen nicht - sofern die Stuttgarter ihren eigenen Fakten glauben. Die Limousine aus der oberen Mittelklasse hat immerhin die höchste Loyalitätsrate innerhalb der Modellpalette. Außerdem sorgt die wachsende gesellschaftliche Ächtung von Kohlendioxid-Bombern wie dicken Geländewagen oder fetten Luxuslimousinen für zunehmenden Kundenzulauf von Absteigern aus diesen Modellklassen. Als Zwischenbilanz vermeldet Produktmanager Stegmann rund 40.000 Vorbestellungen. Firmenrekord. Der beruht allerdings, was gern verschwiegen wird, zu mehr als 60 Prozent auf den regelmäßigen "Blindbestellungen" großer Flottenbetreiber.

Technische Daten

Motoren
Fünf Diesel von 125 kW/170 PS bis 170 kW/231 PS; fünf Benziner von 150 kW/204 PS bis 285 kW/387 PS
Fahrleistungen
0-100 km/h: von 4,7 bis 10,7 Sek.; Spitze: von 215 bis 250 km/h
Verbrauch/Emission
Bester Wert nach EU-Norm - Diesel: 5,3 l/100 km; CO2: 139 g/km; Benziner: 7,3 l/100 km, CO2: 175 g/km
Abmessungen
Länge/Breite/Höhe (m): 4,87/1,85/1,47; Leergewicht: ab 1720 kg; Laderaum: 540 l
Preise
Diesel: ab 41 590 Euro (E 220 CDI); Benziner: ab 44 509 Euro (E 250 CGI)

Überzeugende Probefahrt

Privatkunden hingegen warten die erste Probefahrt ab. Dabei dürfte sie die Technik des neuen Schwaben auch ohne den derben Spruch des himmlischen Werbewesens überzeugen:

• Das Fahrwerk, so das Ergebnis der stern Testfahrt, wird in der oberen Mittelklasse schwer zu schlagen sein. Federung und Dämpfung sind harmonisch abgestimmt und machen die neue E-Klasse zum mustergültigen Gleiter, der zudem auffallend leise dahinrollt. Das steckt viel Feinarbeit drin.

• Für mehr Sicherheit und Komfort sorgen bis zu 16 Assistenzsysteme an Bord. Nicht alle neu, aber teils neu kombiniert. Serienmäßig sind allerdings nur zwei: die Müdigkeitserkennung "Attention Assist" und "Pre-Safe", ein sensorgesteuertes System, mit dem vor einem drohenden Unfallaufprall der Sitz optimal eingestellt und die Haltegurte schon vorbeugend gestrafft werden.

Ganz oben in der Sonderausstattungs-Hitparade dürfte das "Intelligent Light System" stehen, schätzt Entwicklungschef Ulrich Mellinghoff. Das reguliert Lichtstärke und -weite vollautomatisch je nach Wetter, Gegenverkehr und Straßenverhältnissen. Allein für diesen Luxus sind allerdings 1689,80 Euro fällig.

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