Wenn es um Trends geht, ist es bei den Automobilen wie bei jeder anderen Branche. Jede Ära hat ihre Modewörter und Strömungen, die oft den Zeitgeist widerspiegeln. Früher waren es Pferdestärken und Drehmoment, dann kamen Komfort und mittlerweile ist es Nachhaltigkeit, die Hand in Hand mit der Elektromobilität geht. Für die Autohersteller ist das Umsetzen dieser Tendenz bares Geld wert. Zumindest wenn man einer Studie der Unternehmensberatung Capgemini glaubt. Für 69 Prozent von über 1.900 Befragten in Deutschland, Großbritannien und den USA ist die Nachhaltigkeit ein wesentlicher Entscheidungsfaktor beim Fahrzeugkauf. Sogar 86 Prozent der 18 bis 24-Jährigen bereit, einen höheren Preis für ein nachhaltiges Fahrzeug zu zahlen, dass sie auch in anderer Hinsicht überzeugt. Für über ein Drittel hört sogar die Markentreue auf, wenn der Autobauer ihre Erwartungen in Bezug auf Nachhaltigkeit nicht erfüllt.
Neue Prioritäten

Das sind keine guten Nachrichten für VW: 45 Prozent der Besitzer eines Wagens aus Wolfsburg würden sich ein Auto eines anderen Herstellers kaufen, wenn VW die Erwartungen an die Nachhaltigkeit nicht mehr erfüllt. Dagegen wäre das nur für 26 Prozent der Tesla-Fahrer der Grund, sich einen anderen Wagen zuzulegen. Kein Wunder, die Elektromarke aus Kalifornien wird per se als nachhaltig angesehen, während der niedersächsische Autobauer sich nach dem Dieselskandal seine Elektromobilitätsmeriten erst noch verdienen muss.
"Die Nachhaltigkeit ist gerade für Premium- und Luxuskunden sehr wichtig", erklärt Dr. Jan Burgard von der Beratungsfirma Berylls. Bei den deutschen Premiummarken sind die Kunden deutlich mehr von der Nachhaltigkeit ihres Wagens beziehungsweise des Herstellers überzeugt. Für Audi-, BMW- und Mercedesfahrer steht ihre Marke bei der Glaubwürdigkeit bezüglich der Nachhaltigkeit auf Platz Nummer eins, gefolgt von Tesla. Bei VW verfestigt sich der Trend der zweifelnden Markentreue der Kunden. Denn sie setzen Elon Musks Marke ganz oben auf das Nachhaltigkeits-Siegerpodest und den niedersächsischen Autobauer dahinter.
"Somit birgt Nachhaltigkeit nicht nur konkretes Potenzial zur Differenzierung, sondern auch für langfristige Kundenbindung, Neukundengewinnung und höhere Margen", stellt Siegfried Adam, Director Automotive Consulting bei Capgemini Invent klar. Taucht man etwas tiefer in die Befragung und die gegebenen Antworten ein, wird schnell klar, dass Nachhaltigkeit nicht mehr lediglich mit einem geringen Verbrauch gleichgesetzt wird. Auch ein Elektroantrieb alleine macht aus einem Automobil in den Augen der Kunden noch keinen Vorreiter bei der Nachhaltigkeit.
Für die Menschen zählt auch bei diesem wichtigen Aspekt ein ganzheitlicher Ansatz - die sogenannte "Customer Journey", also die Betreuung des Kunden rund um das Auto. Angefangen vom Interesse bis hin zum Kauf und der Unterstützung nach dem Erwerb des Fahrzeugs. Hier bekommen die deutschen Hersteller erneut einen kalifornischen Schlag ins Kontor: Denn Tesla erreicht bei der Umfrage 35 von 50 möglichen Punkten und setzt sich auch in dieser Rubrik die Krone auf. Allerdings ist auch in Elon Musks Welt nicht alles Gold, was glänzt. In der Disziplin "Search & Inform" (Suchen und Informieren) schafft Tesla lediglich ein knappes "befriedigend". Hauptgrund für die mittelmäßige Bewertung ist die überschaubare Modellpalette. Wie schaut es mit den deutschen Autobauern aus? Bleibt man im Schulnotenmodus bekommt BMW mit 31 von 50 Punkten ein "befriedigend", schlechter schneiden Mercedes, Audi und VW mit Ergebnissen zwischen 29 und knapp 25 Punkten ab. Das bedeutet: ausreichend. Hier gibt es also deutlichen Nachholbedarf.
Tesla punktet mit einfach zu buchenden Probefahrten sowie einem sehr einfachen Konfigurations- und Bestellprozess. Während Hersteller wie BMW und Mercedes bei der Kompetenz der Beratung im Autohaus positiv auffällt. Mercedes ist auf einem guten Weg, denn der schwäbische Autobauer profiliert sich bei der Fahrzeugauswahl durch die Analyse-App und mit der Möglichkeit, das Elektro-SUV EQC sechs Monate lang zu erproben. Zudem bietet Mercedes ein überzeugendes Komplettangebot von Beratung im Autohaus, App, Wallbox und Stromtarif. "Entlang der gesamten Customer Journey fiel im Vergleich besonders deutlich auf, dass keiner der Automobilhersteller eine durchgängig optimale Kundenerfahrung bietet - auch Tesla nicht. Deutsche Hersteller zeigen gute Ansätze, müssen aber im Gesamtblick noch zulegen", fasst Siegfried Adam zusammen. Jan Burgard ergänzt: "Ein großes Problem der Customer Journey ist die aktuelle Fokussierung auf den Online-Teil. Wichtig sind auch die Berührungspunkte zwischen analoger und digitaler Welt. Zum Beispiel bei Übergabe von der Konfiguration zur Probefahrt. Auch die Betreuung der Kunden nach dem Verkauf hat mit der bunten, digitalen Welt nicht mehr viel zu tun. Da müssen viele Hersteller noch nachlegen."
Ein weiterer Schlüssel zum langfristigen Erfolg ist das digitale Ökosystem des Fahrers. Rund 83 Prozent der Studienteilnehmer wünschen sich beim Kauf und Bewegen des Autos eine bessere Nutzung digitaler Technologien. Fast 40 Prozent der Befragten wünschen sich innovative Technologien, die zur Nachhaltigkeit beitragen. Dazu zählen navigationsbasierte Umschaltung von Plug-in-Antrieben oder ein "Grüne-Welle-Assistent". Wenn es um die Umwelt, Nachhaltigkeit und den eigenen Geldbeutel geht, nimmt auch die Angst vor Datenklau ab. Ein Viertel der Befragten wäre bereit, Daten rund um das Fahren zu teilen, erwarten aber im Gegenzug Leistungen wie Versicherungsrabatte für umweltfreundliches Fahren oder geldwerte Prämien beziehungsweise Punkte in den Bonusprogrammen der jeweiligen Hersteller. Ebenso wurden Bonusprogramme der Hersteller von einem Viertel der Befragten positiv bewertet, bei denen sie für nachhaltiges Fahren mit geldwerten Punkten belohnt werden. Das Bonusprogramm "BMW Points" wird von den befragten durch die Anreize für umweltschonendes Fahren und die definierten "eDrive Zonen" goutiert und bekommt die höchste Punktzahl.