Petersen Automotive Museum Ein Leben vor und nach dem Benzin

Helmut Werb, Los Angeles
Im Petersen Automobil Museum in Los Angeles beweist eine Ausstellung, dass man kein Benzin braucht, um im eigenen Auto von A nach B zu kommen. Auch nicht vor 100 Jahren.

Alternative Energien sind ein alter Hut. Als im Jahre 1894 der gerade mal 16jährige Earle C. Anthony eine recht rudimentäre Batterie dazu verwendete, seine großräderige Holzkiste durch das damals noch recht staubige Los Angeles zu bewegen, verstand man unter alternativen Antriebsquellen alles, was weder Hufe hatte noch Heu verzehrte. Und während in Europa Gottlieb Daimler noch an der Apotheke tankte, wurde in den Vereinigten Staaten schon Hybrid-angetrieben: der Woods Dual Power aus dem Jahr 1917 hatte sowohl einen herkömmlichen Verbrennungsmotor als auch einen Elektroantrieb, und war somit den Civics und Priuses um fast ein ganzes Jahrhundert voraus.

Was ist denn, Teufel noch mal, in der Zwischenzeit falsch gelaufen, fragt man sich, wenn man durch eine Ausstellung wandert, die seit drei Wochen im Petersen Automobil Museum in Los Angeles zu bewundern ist, eine Ausstellung die zeitgemäß "Alternative Energy: Propulsion after Petroleum" heißt, was sich ungefähr in "Was tue ich in meinen Tank, wenn das Benzin unbezahlbar geworden ist" übersetzen lässt. So etwas interessiert unsere amerikanischen Freunde heutzutage deutlich mehr als gestern, weshalb sich die Petersen-Leute auch reichlich Mühe gaben in der Zusammenstellung der kleinen, aber überraschend interessanten Ausstellung. Da kann man neben den oben genannten automobilistischen Leckereien auch einen Kohlengas-betriebenen Citrön aus dem Jahr 1938 bewundern, ein White Model O mit Dampfantrieb aus dem Jahr 1909 und eine extrem kompakte Dampfmaschine, die locker unter die Kühlerhaube eines modernen Personenkraftwagens passen würde, den putzigen Namen Locomobile trägt und im Jahr 1899 gebaut wurde. Highlights der Ausstellung sind zweifellos zwei Studien von - man sollte es nicht glauben - Atom-getriebenen Fahrzeugen, eines von Studebaker-Packard aus dem Jahr Vierzig vor Tschernobil, und ein weiteres von 1958, schnuckeligerweise Ford Nuclon genannt, die beide ihre nuklearen Kettenreaktion im Kofferraum abspielen ließen und für anständige Durchstrahlung mitreisender Passagiere gesorgt hätten.

Ein Leben vor und nach dem Benzin

Anfang und Abschluss der Ausstellung bilden zwei fahrbereite Hydrogen-Fuel-Cell Modelle von General Motors aus dem Jahr 2002, was Dick Messer, den Direktor des Petersen Automobil Museum bei der Eröffnung der Ausstellung zu den hehren Worten verleitete, es werde hier "…die aufregende Evolution von automobilen Antriebsquellen von der Vergangenheit bis zur Zukunft nach Benzin." Sein Wort in Gottes Ohr.

Aber so Unrecht hat der gute Mann ja nicht. Neben Feinheiten wie Chryslers Turbine-Car, der zwischen 1962 und 63 immerhin fünfhundert mal gebaut und an den wagemutigen Mann gebracht wurde, zeigt die Ausstellung, dass es durchaus ein Leben nach - oder in diesem Fall sicherlich auch vor - dem Benzin gibt und gab. Als die Autoindustrie noch in den Kinderschuhen steckte, war der Vortrieb mittels Benzin-gefeuerten Multi-Zylinder-Maschinen eben nicht selbstverständlich. Kreatives Ingenieursdenken war keineswegs mit Oktan verheiratet. Dass sich das geändert hat, ist schade, aber nicht mehr zu ändern. Und schade ist auch, das gibt Dick Messer bedauernd zu, dass Ferdinand Porsches Modell aus dem Jahr 1909 fehlt, in dessen Vorderradfelgen der geniale Ingenieur zwei E-Motoren installiert hatte, eine Idee, die heute wieder brandaktuell ist. Auch die Holzvergaser-Modelle europäischer Kriegsjahre sind in der Ausstellung nicht zu finden, obwohl zumindest ein akzeptabler Denkansatz im "Notkonzept" des Holzantriebs steckt. Dafür aber sehen wir eine lustige Installation einer Bio-Diesel-Herstellungs-Anlage für den kleinen Raffinierer im Hobby-Keller, inklusive dem notwendigen Küchenmixer und Löschsand. Und wir bewundern Sammlerstücke wie den Trident Electric Car aus den frühen 60er Jahren, der trotz seines skurrilen Aussehens beweist, dass er seiner Zeit weiter voraus war, als so mancher Turbo-geblasene Super-SUV aus dem Verkaufsraum um die Ecke.

So etwas gibt zu denken.