"Dead Rising" Nur 72 Stunden

Die Zombie-Schlachtplatte "Dead Rising" hat keinen höheren Sinn oder eine Moral, bietet erwachsenen Zockern aber viele Freiheiten und einen Einkaufsbummel der morbiden Art.

Eigentlich schade, ist die Xbox-360-Schlachtplatte doch eine ziemlich derbe und schwarzhumorige Hommage an den Kultstreifen von 1978 und sein 2004 entstandenes Remake, die sich in den USA wie geschnitten Zombie verkauft. Bereits nach zwei Wochen wanderten eine halbe Million Exemplare über die Ladentheken ...

Nun würde es sich an dieser Stelle natürlich anbieten, über die gewaltverliebten und -verherrlichenden Amerikaner herzuziehen, doch der Erfolg hat auch andere Gründe: "Dead Rising" macht auf eine krude, hirnlose, politisch völlig unkorrekte und für Kinder natürlich gänzlich ungeeignete Art und Weise Spaß.

Volljährige Xbox-360-Zocker schlüpfen in die Rolle des Fotojournalisten Frank West, der von einer ganz großen Story im kleinen Städtchen Willamette Wind bekommen hat. Die wurde offenbar von Zombies überrannt und vom US-Militär abgesperrt. Kein Hinderungsgrund für den Paparazzi: Er lässt sich kurzerhand von einem Hubschrauber auf dem Dach der hiesigen Shopping-Mall absetzen, in die sich eine Gruppe Überlebender flüchten konnte. 72 virtuelle Stunden hat Frank fortan Zeit, um herauszufinden, warum es die Toten nicht länger in ihren Gräbern hält, was die Regierung darüber weiß und welche Leichen die undurchsichtigen Figuren in seinem Umfeld im Keller haben. Dann kommt der Rettungsheli - und den will er freilich nicht verpassen.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten, die Sache in Angriff zu nehmen. Erstens: Man folgt dem strengen Missionsskript der Entwickler, die dem Spieler in regelmäßigen Abständen neue Aufträge (meist müssen Personen gerettet werden) zuschustern. Allerdings ist man dann Gejagter der gnadenlos tickenden Uhr: Frank hat gefälligst pünktlich an gewissen Locations zu sein. Andernfalls verpasst der Spieler wichtige Story-Elemente und Ereignisse, im besten Fall jedoch nur ein paar frustrierend schwere Kämpfe gegen allerlei lebendes, aber irres Gesocks, das sich ebenfalls im Konsumtempel umhertreibt.

Aber das alles kann einem auch ziemlich egal sein. Wer will, startet einfach einen Einkaufsbummel der morbiden Art. Rund 250 Gegenstände hat "Dead Rising" im Angebot, mit denen sich allerlei Schabernack treiben lässt. Klar, Äxte und Schwerter aus dem Antike-Waffen-Shop eignen sich wie so manches Utensil aus dem Baumarkt natürlich bestens, um sich der wankenden Frischfleischfanatiker zu erwehren. In der Not greift Frank allerdings auch zu Damenhandtaschen und Bratpfannen, zweckentfremdet Schaufensterpuppen und Plasmafernseher, zückt Golf- wie Eishockeyschläger, wirft mit Sitzbänken um sich, missbraucht Teddybären oder donnert den Zombies mit einem Einkaufswagen in die Hacken. Ist keines der Hilfsmittel gerade zur Hand, kann sich Frank aber auch auf seine Fäuste verlassen.

Im Lauf des Spiels lernt er gemeine Angriffstechniken - vorausgesetzt, genügend Prestige-Punkte befinden sich auf seinem Konto. Die wiederum gibt's vornehmlich für absolvierte Aufträge und spektakuläre Fotos. Dabei gilt: "Je schockierender das Bild, desto besser." Aber auch schräge Schnappschüsse und Ideen werden belohnt: Wer also einer Horde Untoter erst riesige Legoköpfe und Mülleimer über den Kopf stülpt und dann ein Foto macht, wie diese blindlings übereinander stolpern, kassiert jede Menge Punkte. Doch Vorsicht: Nachts werden die Burschen schneller und aggressiver!

Der Spieler genießt noch weitere Freiheiten: Er kann auch Autos und Motorräder steuern, sich auf ein Skateboard schwingen, die unterschiedlichsten Klamotten anziehen oder kochen! Letzteres erfüllt den Zweck der Lebensregeneration, Äpfel und Brote dürfen aber auch gleich vertilgt werden.

Beeindruckend ist bei alldem die grafische Umsetzung: Hunderte von Zombies wanken durchs Bild, ohne dass die Frame-Rate in die Knie geht oder der Detailgrad von Charakteren und Umgebung darunter leiden müsste. Bravo, Capcom! Auch bei der Vertonung hat man sich hörbar Mühe gegeben.

Dead Rising

Hersteller/Vertrieb

Capcom Europe/Capcom Europe

Genre

Action

Plattform

Xbox 360

Preis

ca. 50 Euro

Altersfreigabe

Kennzeichnung abgelehnt

Was dem Game (neben einem höheren Sinn oder Moral) fehlt, ist ein kooperativer Multiplayer-Modus. Dafür schaltet "Dead Rising" nach einmaligem Durchspielen weitere Varianten frei, die auf ein zeitliches Limit verzichten.

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Bernd Fetsch/Teleschau

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