Es ist wirklich ein Kreuz mit den Medien: Neulich haben wir zum ersten Mal versucht, Werbeseiten in einem Magazin an die geehrten Produzenten zu verkaufen. Frohen Mutes haben wir dabei den Telefonhörer in die Hand genommen und die Marketingfirmen angerufen. Eine Woche später waren wir bereits mit den Nerven am Ende.
Nach dem Gespräch ist vor dem Gespräch
Frau Junge greift zum Hörer, schaltet in den Modus »süße Telefonstimme« und ruft den ersten Kunden an. Ja, wir würden für ein PC-Magazin die Redaktion machen und wollten anfragen, ob es denn interessant für die Firma X wäre, passend dazu eine Werbeanzeige zu schalten. Zum Dumpingpreis. Nach dem Gespräch ist vor dem Gespräch - Frau Junge legt auf: »Ohne Mediaunterlagen machen die gar nichts.«
Also schauen wir bei der Konkurrenz nach, wie solche Mediaunterlagen wohl aussehen. Ein wenig BlaBla zum Magazin, dazu ein Jahresplan mit den Redaktions- und Veröffentlichungsterminen. Eine Themenvorschau, an die sich später sowieso niemand in der Redaktion hält. Und natürlich die Preisliste. Wir tippen die Unterlagen zusammen, formatieren sie nett und geben sie auf dem Farbdrucker aus. Alles kommt in eine hübsche Mappe hinein und geht dann mit einem Musterheft an sämtliche potenziellen Anzeigenkunden heraus. Wir warten drei Tage, damit die Post auch wirklich angekommen ist. Ein erster Anruf: Die Medienunterlagen sind noch nicht da, verschwunden oder einfach verlegt: »Wir bekommen ja so viel Post«.
»Da guckt sowieso keiner drauf«
Frau Junge faxt die ganzen Seiten und ruft noch einmal an. Ob denn die Medienunterlagen jetzt vorliegen würden? Aber natürlich, bekommt sie zur Antwort, aber da würde eigentlich eh nie jemand draufschauen. Trotzdem wäre es gut, sie jetzt im Haus zu haben.
Alle Unternehmen finden die Idee gut, in einem PC-Magazin vertreten zu sein. Nur eines nicht: »Die Leser von solchen Heften sind doch eh alles Raubkopierer. Die unterstützen wir nicht auch noch mit einer Anzeige.«
Das Problem für den Rest: Sie würden ja soooo gerne eine Anzeige schalten. Aber nicht jetzt. Weil: Das Budget für das laufende Jahr ist bereits völlig ausgeschöpft. Man würde erst im Januar den Mediaplan für das kommende Jahr aufstellen. Wenn wir uns dann noch einmal melden würden, stünden unsere Chancen gut, dann berücksichtigt zu werden. Frau Junge ruft bei der nächsten Firma an und erkundigt sich gleich, ob man mit ins neue Jahresbudget für 2002 rutschen könnte, das im Januar verabschiedet wird. Nein, nein, heißt es. In dieser Firma wird das Budget nämlich erst Mitte des Jahres ausgelobt.
40.000 Hefte - das ist ja popelig
Nichts genaues weiß man nicht. Frau Junge hört am Vormittag, dass wir doch sehr interessant als Medienkunde wären. Anzeigen schalte man aber generell erst ab einer Auflage von anderthalb Millionen – und nicht bei 40.000 Heften, das sei ja popelig. Am Nachmittag wird Frau Junge gesagt, dass unsere Preise viel zu hoch sind. Rabatte helfen dem Marketingleiter aber auch nicht auf die Sprünge. Bei einer Verlosung würde man sich beteiligen, das wäre doch auch etwas.
Nix verkauft
Nachdem ein Viertel der Angerufenen auf längere Sicht verreist ist und der Rest die Entscheidung für oder wider eine Anzeige bis hinter unseren Redaktionsschluss verschiebt, sind wir alle schwer frustriert. Nicht eine einzige Anzeige verkauft! Wie machen die Profis das nur?
Carsten Scheibe