Scheibes Kolumne Schon wieder kaputt!

Es ist schon ein Kreuz mit der Technik: Was heute teuer eingekauft wird, ist morgen schon wieder kaputt. Der Kunde rechnet schon fast mit der eingebauten Sollbruchstelle und gewöhnt sich an den Gedanken, alle paar Jahre ein neues Gerät kaufen zu müssen. stern.de-Kolumnist Scheibe ärgert sich.

Neulich war ich zu Besuch bei meinen Eltern, um ihnen zu helfen, ein neues Notebook mit der wichtigsten Software auszustatten und es dann an die neu gezogene ISDN-Leitung anzuschließen. Dabei staunte ich wieder einmal über den uralten Fernseher im Wohnzimmer, der doch bestimmt schon zehn Jahre auf dem Buckel hat. Noch mehr stach mir allerdings die uralte Sony-Stereoanlage mit Plattenspieler, CD-Player, Tape-Deck und Radioeinheit ins Auge, die inzwischen knapp 20 Jahre alt ist und noch immer tadellos läuft. Früher habe ich immer wieder gestichelt, dass man diese Oldtimer doch ins Technikmuseum bringen muss, um sie dort gegen Geld auszustellen. Genug Geld jedenfalls, um sich eine moderne Anlage und einen neuen Fernseher leisten zu können. Inzwischen habe ich meine Meinung revidiert: Den alten Krempel sollte man tunlichst behalten. Dann kann man wenigstens sicher sein, dass er auch morgen noch funktioniert.

Ersatzteile - so teuer wie das ganze Gerät

Wir haben uns inzwischen alle daran gewöhnt: Nichts ist mehr für die Ewigkeit. Neu angeschaffte Konsumgüter sind alle mit einer künstlichen Sollbruchstelle versehen, die kurz nach Ablauf der Garantie automatisch dafür sorgt, dass das Gerät nicht mehr funktioniert. So möchte man meinen. Dabei reicht es bereits völlig aus, wenn ein einzelnes und noch dazu ganz winziges Teil kaputt geht. Jeder Konsument weiß aus eigener leidvoller Erfahrung, dass eben dieses Ersatzteil fast genauso teuer ist wie das vollständige Gerät. Die verbleibende Differenz wird dann von der Rechnung für die Reparaturstunden mehr als wettgemacht. Wir haben daraus gelernt: Wenn etwas kaputt geht, dann schmeiß es gleich weg. Und kauf es einfach neu. Die Frage ist nur: Muss das wirklich sein? Muss meine Waschmaschine alle drei Jahre kaputt gehen, nur weil wir ja als vierköpfige Familie manchmal bis zu drei Mal am Tag waschen? Nein, es muss nicht sein. Ist aber so. Dass das Ganze Methode hat, zeigt sich auch daran, dass wir zwei Dampfbügeleisen pro Jahr "verbrauchen".

Verschwörung der Geräte

Bei meinem tragbaren CD-Player kommt es im Kopfhöreranschluss immer wieder zu einem Wackelkontakt. Dann brummt und knistert das Gerät so laut, dass es mir fast das Trommelfell weghaut. Mein vollelektronisches Miniradio, das ich mir zum Joggen angeschafft habe und dabei immer an den T-Shirt-Kragen klemme, hört genau auf der halben Strecke auf, Musik abzuspielen. Dabei ist es völlig egal, ob frische Batterien im Gerät stecken oder nicht. Laufe ich in ein Funkloch hinein? Wohl kaum: Der Fehler tritt zuverlässig immer auf, egal in welche Richtung ich gerade laufe. Meine Digitalkamera geht seit Neuestem einfach mitten im Betrieb aus und lässt sich dann nicht mehr starten. Die Docking Station meines Palm-PDAs spinnt auch. Mal erkennt sie das eingestöpselte Gerät und führt einen Hot Sync durch, mal erkennt sie es nicht und verweigert sich total. Mein DVD-Laufwerk im Computer spinnt auch - wahrscheinlich solidarisch, weil sich die Geräte über eine verborgene Infrarot-Schnittstelle gegenseitig mit Sabotage-Meldungen aufstacheln. Von Woche zu Woche macht es mehr Lesefehler. Inzwischen ist es kaum noch möglich, DVD-Filme am Rechner abzuspielen, weil das Laufwerk den Layer-Wechsel in der Mitte des Streifens nicht verkraftet. Dann zeigt es minutenlang nur noch Standbilder, während die Fehlerkorrektur ackert. Inzwischen schaue ich mir die DVDs lieber auf dem externen DVD-Brenner an. Das ist aber auch nicht das Wahre, zumal dieses Gerät sehr laut ist. Besonders frustriert bin ich übrigens über meinen Rasierapparat. Da ist die Halterung der Metallfolie kaputt, die aufpasst, dass die Klingen nicht meine Haut verletzen. Mitten beim Rasieren springt die gebogene Lochfolie dann immer wieder vom Scherkopf ab, was mit einem infernalischen Dröhnen einhergeht und mir fast einen Herzinfarkt beschert. Zugleich werden alle bereits im Gerätekopf aufgesammelten Bartstoppeln im ganzen Badezimmer verteilt. Soll ich auch noch vom Rasenmäher erzählen, der nach zwei Jahren Extrembenutzung bereits in sich zusammengebrochen ist und im Sterben eine schwarze Wolke Benzinrauchs ausgestoßen hat? Und das, obwohl der Motor nicht von Mercedes stammt? Oder von den zahllosen Plastikplantschbecken für, die inzwischen alle vor lauter Löchern keinen Sommer mehr überstehen? Wo kommen die Löcher her? Meine Theorie: Sie werden bereits werkseitig eingebaut und dann mit einem Spezialplastik überklebt, der sich an der Luft von selbst auflöst.

Plastik, wo Metall hingehört

Letztens mussten wir wieder einmal Olaf anrufen, einen Handwerker aus unserem Ort, der Türen und Fenster repariert. Da meine Bürotür sich wieder einmal nicht abschließen ließ, musste Olaf ran - der ist in solchen Sachen echte Spitze. Nach ein paar Minuten hatte er aus dem Schloss eine bereits völlig verbeulte Plastikhülse ausgebaut.

"Siehste, alles nur Schrott", sagte er. "Ich fahre jetzt zum Schlüsselmacher und lasse mir das Teil aus Metall nachbauen. Dann verformt sich da nix mehr."

Sieh an, sieh an. In einer unglaublich teuren Bürotür steckt also gezielt minderer Plastik dort, wo echtes Metall die Haltbarkeit um Jahre verlängern könnte. Inzwischen steckt ein Metallzylinder in unserer Tür - und sie schließt wieder wie Butter. Olafs Anfahrt und Arbeitszeit kommt mich um ein Vielfaches teurer als die Materialkosten, die sich auf ein paar Cents belaufen. Schade, dass sich Olaf nicht auch noch meine anderen Anschaffungen anschauen kann.

Eine Glosse von Carsten Scheibe, Typemania

PRODUKTE & TIPPS