Normalerweise brauchen wir eine Pause vom Alltag: vom Stress, dem Lärm und anstrengenden Mitmenschen. In Zeiten des Coronavirus brauchen wir eine Pause von der Pause – etwas, das uns das Gefühl gibt, dass es weitergeht. Auch den größten Serien-Junkies juckt es irgendwann in den Fingern, wieder etwas selbst zu machen und sich nicht nur wochenlang passiv in den eigenen vier Wänden berieseln zu lassen.
In Zeiten der Not bietet sich Nintendo als Retter an: Mehr als gelegen veröffentlichte der japanische Spieleriese vergangene Woche die Fortsetzung der Lebenssimulation "Animal Crossing" für Nintendo Switch – die nicht nur ein friedliches Alternativ-Universum bietet, sondern auch ein kreatives Mittel ist, um Social Distancing digital zu überwinden.
Animal Crossing – New Horizons: Pause fürs Gedankenkarussel
Auf einer einsamen Insel darf der Spieler zusammen mit ein paar vermenschlichten Tieren ein neues Leben beginnen. Das heißt: Ein bisschen angeln, Insekten mit dem Kescher fangen, Bäume pflanzen, Blumen gießen – keine Action. Zurück in die Zeit der Jäger und Sammler, in der sich der Spieler etwa aus Ästen und Steinen neue Gegenstände bastelt. Ganz ohne Zeitdruck baut man sich so eine eigene kleine Traumwelt auf. Nicht einmal wenn das Menü aufgerufen wird, pausiert das Spiel – wozu auch? Es stresst ja nichts. Es macht nichts, wenn die Zeit verrinnt.
"Animal Crossing" ist die pure Entschleunigung. Ein Spieltag endet mit einem echten Tag, das Spiel läuft also in Echtzeit weiter, samt Tag- und Nacht- sowie Jahreszeitenwechsel. Es lässt sich nichts hektisch herbeistressen. Manchmal bleibt sogar nichts anderes übrig, als bis zum nächsten Morgen zu warten. Kitschige Sonnenuntergänge, stumpfe Gespräche mit den tierischen Mit-Inselbewohnern oder einfach virtuelles Unkraut jäten bringen das Gedankenkarusell zum Stehen, egal ob es sich um Corona oder anderes dreht.
Perfektes Timing
Das, was mittlerweile wegen des Virus nicht mehr geht, ist auf der eigenen Insel möglich. Das örtliche Museum der Insel kompensiert zumindest ein wenig die reale Ausgangssperre und sorgt für etwas Bildung zwischendurch. Die tagsüber dösige Eule legt dort Fakten zur lokalen Fauna auf den Tisch, wenn Spieler etwas für die Ausstellung spenden: Wusstet ihr, dass Koi-Karpfen seit mehr als 1000 Jahren gezüchtet werden? Ich auch nicht.
Selbst das Reisen wird im Spiel simuliert. In paradiesische Gefilde, aber auch zu Freunden: Social Distancing ade, dank "Animal Crossing". Klar geht das auch in anderen Spielen – aber in keinem lässt es sich so entspannt gemeinsam Zeit verbringen.
Für viel Freizeit nicht ausgelegt
Klar, die Knuddel-Welt ist nicht für jeden etwas. Der ein oder andere Gamer mag die Augen verdrehen, sobald er nur den Titel liest oder die womöglich viel zu kindlich-süßen Charaktere sieht. Doch gerade jetzt ist "Animal Crossing – New Horizons" perfekt: zum Abschalten und Wohlfühlen, also für die tägliche Dosis an Zerstreuung.
Nur eine Rund-um-die-Uhr-Lösung für die Corona-Krise kann das Spiel nicht sein. Denn wer den ganzen Tag auf der Insel abhängt, kommt definitiv an seine Beschäftigungsgrenze, die sich auch mit Freunden nicht überwinden lässt. Dass die Spieler jetzt den ganzen Tag Zeit zum Zocken haben würden, konnte Nintendo im Voraus schließlich nicht ahnen. Vielleicht helfen die Entwickler demnächst mit Updates noch ein bisschen nach, um auch Wochen der Selbstquarantäne etwas schneller vergehen zu lassen.
Dieser Artikel enthält sogenannte Affiliate-Links. Mehr Informationen dazu gibt es hier.