Firmen sammeln seit Jahren unsere Daten, das wollte die neue Datenschutz-Grundverordnung - kurz DSGVO - ändern. Die Bürger merken das in allererster Linie durch eine ganze Flut von E-Mails, die um die Zustimmung zur Datennutzung betteln. Viele sind entsprechend verunsichert - und damit die perfekten Opfer für skrupellose Abzocker.
Denn die scheinen mit dem neuen Gesetz das große Geschäft zu wittern. Die Polizei Niedersachsen warnt nun davor, dass zwischen den Dutzenden seriösen Anfragen von Banken, Unternehmen und Newsletter-Versendern auch immer mehr Betrugsversuche stecken. Als Beispiel nennt sie einen Versuch, den Eintrag ins "Gelbe Branchenbuch" zu retten. Die Betroffenen sollen dafür ein PDF ausdrucken und unterschrieben zurückschicken - und haben am Ende ein Abo über 780 Euro im Jahr abgeschlossen. Mit den bekannten Gelben Seiten hat das Unternehmen nämlich nichts am Hut.
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Phishing-Welle durch die DSGVO
Laut der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg handelt es sich hier zwar um einen extremen Fall, die Anfragen wegen Betrugsversuchen häufen sich aber. "Aktuell werden flächendeckend in ganz Deutschland Hunderttausende oder Millionen Bürger mit Phishing-Mails angeschrieben und zur Datenweitergabe aufgefordert", sagte Verbraucherschützer Oliver Buttler dem stern. "Da wird die DSGVO zum Anlass genommen, dem Phishing-Markt mal wieder Hochkonjunktur zu verschaffen."
"Die geben sich dann etwa als Hausbank, Amazon oder Paypal aus und versuchen, unter dem Vorwand der DSGVO an die Nutzerdaten zu kommen, teils auch an PINs und Tans", erklärt Buttler. Auch um einen Scan des Personalausweises wird teilweise gebeten. "Damit wird dann auf Kosten der Opfer eingekauft oder das Konto leergeräumt." Teilweise gehe es allerdings auch um harmlosere Fälle, in denen man etwa den Empfang von Newslettern "erneut" erlauben soll, die man vorher gar nicht bestellt hatte.
Die Konsumenten wären durch die DSGVO verunsichert, obwohl sich nach Ansicht des Verbraucherschützers eigentlich wenig geändert hat. Selbst die Verbraucherschützer selbst werden von den Betrügern als Druckmittel genutzt. "Da wird dann mit Musterfeststellungsklagen gedroht, wenn die Empfänger der Datennutzung nicht zustimmen. Zum einen gibt es derzeit noch keine Musterfeststellungsklage, zum anderen kann man mit dieser Klage nicht die Konsumenten verklagen, sondern viele Kunden gemeinsam ein Unternehmen."
Auch Unternehmen haben Angst
Ein Teil der Verunsicherung läge auch bei den Unternehmen, die echte Mails verschicken. "Viele wollen sich aus Angst vor einer Haftung absichern, dabei müssten viele Unternehmen, die bereits ja berechtigten Kontakt mit Kunden hatten, die Erlaubnis dazu gar nicht noch einmal einholen."
Die Angst hat durchaus ebenfalls ihre Berechtigung: Schon vor Inkrafttreten der DSGVO wurde befürchtet, dass Firmen reihenweise von geschäftstüchtigen Anwälten kostenpflichtig abgemahnt werden könnten. Zumindest im Online-Handel scheint das bisher noch nicht der Fall zu sein. "Die große Welle am ersten Tag gab es nicht", erklärt Franziska Ulbricht vom Händlerbund dem stern. "Bisher blieb es bei Einzelfällen." Als Grund vermutet sie, dass viele Teile der DSGVO noch nicht klar ausgelegt sind und entsprechend nur in sehr offensichtlichen Fällen abgemahnt wird. Die grundsätzliche Gefahr einer Welle von teuren Abmahnungen sieht sie aber weiterhin. "Das kann jederzeit losgehen."
