Nachdem Elon Musk Twitter übernommen hatte, ließ der Schock für die Belegschaft nicht lange auf sich warten. Innerhalb kürzester Zeit wurden Tausende Mitarbeiter auf die Straße gesetzt, die Regeln des Kurznachrichtendienstes und letztlich sogar sein Name geändert. Die Entscheidung, auch die Chefs nach kürzester Zeit rauszuwerfen, könnte für Musk nun teuer werden. In einer Klage erheben sie schwere Vorwürfe gegen ihn. Er soll sie aus persönlicher Abneigung entlassen haben.
Das geht aus der Klage hervor, die von vier ehemaligen Spitzenmanagern des mittlerweile in X umbenannten Dienstes eingereicht wurde. Bei den Klägern handelt es sich um den früheren CEO Parag Agrawal, seinen Finanzchef Ned Segal und die beiden Spitzenanwälte des Unternehmens Vijaya Gadde und Sean Edgett. Zusammengenommen verlangen sie 128 Millionen Dollar (etwa 118 Millionen Euro), die ihnen eigentlich vertraglich zustehen würden. Und die Musk ihnen bewusst verweigert hätte.
Musk verweigert Zahlungen in Millionenhöhe
"Es ist Musks typisches Spiel: Er behält das Geld, das anderen eigentlich zusteht und zwingt sie, ihn zu verklagen"; heißt es in der Klageschrift. Bei der Summe handelt es sich um vertraglich zugesicherte Abfindungen, eine Kombination aus jeweils einem Jahresgehalt sowie Aktienboni nach dem Börsenpreis zum Zeitpunkt der Übernahme. Agrawal fordert mit 57,4 Millionen Dollar den größten Anteil, Segal verlangt 44,5 Millionen, Gadde 20 Millionen und Edgett 6,8 Millionen Dollar.
Auch wenn diese Abfindungen sehr hoch erscheinen, erfüllen sie einen Zweck, argumentiert die Klage. Durch die Zahlungen soll gesichert werden, dass die Firmenführung auch nach der Übernahme ihren Job erledigt – und so einen geordneten Übergang der Besitzer ermöglicht. Das sei auch im Sinne der Firma und der Aktionäre.
"Besonderer Zorn" gegen die Twitter-Chefs
Dass Musk sie nicht zahlen will, liege an "einen besonderen Zorn" gegen die Chefriege, vermutet die Klage. Musk habe schon als Nutzer ausführlich die Entscheidungen der Führung kritisiert. Nachdem er vollmundig die Übernahme Twitters angekündigt hatte, wollte Musk eigentlich einen Rückzieher machen. Erst durch eine Klage der Geschäftsführung zwang ein Gericht ihn dann doch zum Kauf. Es erwies sich als miese Investition: Nachdem Musk im Oktober 2022 44 Milliarden Dollar für den Dienst zahlte, ist X heute nur noch knapp zwölf Milliarden Dollar wert.
Die Kündigungsgründe seien nur vorgeschoben. "Weil Musk die Abfindungen der Kläger nicht zahlen wollte, feuerte er sie einfach unbegründet, erfand dann ausgedachte Begründungen", wirft die Klage ihm vor. Offiziell waren die Manager wegen vermeintlicher Fehler beim Umgang mit Anwaltsgebühren, Geldverschwendung und einem Missmanagement bei den Abfindungen anderer Mitarbeiter entlassen worden. Diese Vorgänge seien aber vom damaligen Vorstand abgesegnet worden, so die Klage.
Gezielter Stich gegen die Twitter-Führung
Beweise, dass Musk sie gezielt um Geld bringen wollte, fanden sich auch in einer Biografie. In Walter Isaacsons im September erschienenem Buch ""Elon Musk. Die Biografie" (hier finden Sie eine Leseprobe) wird etwa beschrieben, dass der Milliardär den Kauf bewusst einen Tag vorgezogen hatte, um den Wert der Abfindungspakete zu reduzieren. "Es sind 200 Millionen Dollar Unterschied drin, wenn wir heute Abend statt Morgen früh abschließen", soll Musk laut des Buches mit Blick auf den Aktienwert der Abfindungs-Pakete gesagt haben.
Tatsächlich ist es nicht die erste Klage, der sich X wegen des Umgangs mit Abfindungspaketen stellen muss. Nach dem Rauswurf von Tausenden Mitarbeitern hatten viele sich über die ausbleibenden Zahlungen beschwert und sie offenbar erst nach gerichtlichen Auseinandersetzungen erhalten. Auch die Vermieter der Büros, verschiedene Dienstleister und Lieferanten des Unternehmens bekamen ihr Geld erst auf gerichtlichem Weg.
Quellen: Wall Street Journal, Tech Crunch, Axios