Persönliche Videos Facebook sagt danke und ich könnte kotzen

  • von Katharina Gipp
In ihrer Timeline bricht eine Emo-Welle aus und unsere Autorin überlegt, sich von manchen Leuten zu entfreunden. Mit den neuen Danke-Videos ist der Zustand unerträglich geworden. Daher: Nein, danke!

Der Traum von einem handgeschriebenen Liebesbrief wirkt im Internet-Zeitalter offenbar reichlich antiquiert und hoffnungslos romantisch. Auch gefühlvolle SMS voller Sympathie- oder gar Liebesbekundungen scheinen aus der Mode gekommen zu sein. Auf diese Weise bekommt nämlich von dem Liebesglück oder einer ach so tollen Freundschaft nur eine einzige Person etwas mit.

Im sozialen Netz geht es deshab umso gefühlsbetonter zu. Von einer guten Freundin erfahre ich, dass sie sich verlobt hat (Foto vom Ring gibt's dazu), ein Kumpel betrauert seinen verstorbenen Hund und erntet Beileidsbekundungen seiner Netzfreunde und dann werden noch eine Reihe von kommentarlosen Herz-Emoticons hin- und hergeschoben. Nicht zu vergessen ist natürlich die Flut an rührenden Babyfotos. Meine Facebook-Timeline läuft über vor lauter Emotionen.

Für all jene, denen es noch nicht warm genug ums Herz geworden ist, hat sich Facebook nun eine ganz tolle neue Funktion für seine Nutzer ausgedacht: "Thanks"-Videos. Man muss bloß den Namen eines Freundes eingeben, fünf Fotos hinzufügen, und schon generiert die Seite ein persönliches Video, mit dem der Nutzer einem geliebten Menschen "Danke!" sagen kann. In Zwischenblenden finden sich schwulstige Sätze wie "Es war ein großartiges Abenteuer" und "Uns bleiben für immer die Erinnerungen daran". Zum großen Finale gibt es noch ein "Vielen Dank für deine Freundschaft!" Hat man alle nötigen Informationen eingegeben, landet das Werk für die gesamte Freundesliste einsehbar in der Timeline.

Meine Freundin Johanna hat die Funktion gleich dreimal ausprobiert. Alle Videos finde ich untereinander auf meiner Startseite und ich frage mich, ob sich ihre Mutter, ihr Ehemann und ihre Schwester in gleichem Maße über die persönlichen und so unglaublich individuellen Freundschaftsvideos freuen, wie ich gerade von ihnen genervt bin. Die Filmchen starten schließlich automatisch. Und sind mit fröhlichster Musik unterlegt.

Lieber schreibe ich heute noch einen Liebesbrief an meinen Kerl, kaufe Blümchen für meine Mama und gehe mit meiner Schwester einen Kaffee trinken, als auf Facebook "Danke" zu sagen. Wenn man schon "Danke" sagt, dann richtig. Indem man sich ein bisschen Mühe gibt und ein paar Gedanken verschwendet. Vielleicht bin ich altmodisch, vielleicht zu norddeutsch-zurückhaltend, um Leute, die nicht meinem engsten Umfeld angehören, an meinen Gefühlen teilhaben zu lassen. Vielleicht habe ich auch einfach keine Lust, dass Facebook noch mehr Informationen über mich besitzt, indem ich verrate, welche Menschen mir besonders am Herzen liegen.

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