Jetzt soll es auch die Jobbörsen erwischt haben: Web schlägt Print. Das ist zumindest das Ergebnis einer gewissenhaft unabhängig gewiss repräsentativen Studie im Auftrag einer Online-Jobbörse. Trauschauwem - doch die Tendenz deutetet sich ja schon lange an. Willkommen im Leben, arme Verleger.
Schon ein toller Weg: Vor etwa sechs Jahren, der große Hype stand noch bevor, drängten Jungunternehmer ins Web und zogen dort Anzeigenbörsen auf: Immobilien, Autos, Jobs. Die Klassiker des Anzeigengeschäfts, von denen bis dato Deutschlands Zeitungsverleger prächtig lebten. Es gab ja keine Alternative.
Das Web – gescheut wie das Weihwasser
Die Großkopferten in den Verlagen belächelten die Emporkömmlinge. Fachfremde, Ahnungslose, die kennen das Anzeigengeschäft ja gar nicht. Doch sie sollten es kennen lernen. Und zwar schnell. Viel zu schnell für bleischwere Verleger. Die scheuten das Web wie der Teufel das Weihwasser und fürchteten, sich mit einem Einstieg in das "Umsonst-Medium" den eigenen Umsatz anzunagen. Ein folgenschwerer Fehler.
Guido Augustin
Kolumnist für stern.de seit 1997 - und das A der H&A medien: Redaktion, Public Relations und Online-Konzepte.
Es dauerte nicht lange, da hatten die stärksten der Neuen den Markt unter sich aufgeteilt. Und das war kein neu entstandener Markt, sondern in großen Teilen eine Verschiebung. Das bekamen die Verleger zu spüren. Der Kuchen wurde nicht endlos größer, dafür ihr Stück immer kleiner.
Eine Spur von Wachheit brachte die Verlegerschar in unterschiedlichen Konstellationen dazu, sich mit dem Internet als möglicher Plattform ernsthaft auseinander zu setzen. Da gründeten Zusammenschlüsse von Lokalzeitungen Gremien und Töchter, da bündelten große Zeitungshäuser das Know-how ihrer vielen Titel. Im Anzeigengeschäft kannten sie sich schließlich aus. Strategien sollten ertüftelt werden, wie die Tageszeitungen das lukrative Anzeigengeschäft ins Internet retten könnten.
Missgunst und Entscheidungsschwäche
Doch an den Tischen saßen Häuptlinge, die einander den Tabak in der Friedenspfeife nicht gönnten, entscheidungsschwache Betonköpfe ohne Kraft zur Vision und den Blick fest nach hinten gerichtet. Manche Projekte hoben erst gar nicht ab, andere zerschellten schnell an den widerlaufenden Interessen der Beteiligten. Das Kuchenstück wurde derweil immer kleiner und die Webbörsen wurden immer größer. Längst kennen die sich bestens aus im Anzeigengeschäft. Allein bei Autoscout24 stehen derzeit über eine Million Fahrzeuge zum Verkauf, das ist mehr als ein Zehntel des bundesdeutschen Gebrauchtwagen-Volumens pro Jahr.
Dann schlossen die Tageszeitungsverlage in ihrer Not Kooperationen mit den Webbörsen. Traditionsreiche Häuser von unbestrittenem publizistischem Renommee, wirtschaftlich angezählt, werden zu Junior-Partnern in einem Markt, der ihnen vor wenig mehr als einer Wahlperiode noch ganz und gar gehörte. Oder verschwinden ganz aus diesem.