Für viel zu viele Millionen Euro gibt es die wichtigsten Spiele der Fußball-WM bei ARD und ZDF zu sehen. Immerhin mindestens 24 an der Zahl, also weniger als die Hälfte. Wenn Miroslav, Oli, Berndi und Michi und wie sie sonst so heißen die Vorrunde überstehen, dürften noch ein paar Minuten hinzukommen. Nur nicht für all jene Zeitgenossen, die sich immer mit dem neuesten Hightech die Bude verstellen – und in diesem Fall auch die Sicht. Rund eine Million Fernsehhaushalte schauen in die Röhre. Grund: digitale Satelliten-Empfangsgeräte. Gut, wer eine Zimmerantenne besitzt – oder einen Internetzugang.
Lesen bis ins Finale
In »Tante Käthes Schreibsalon« schreiben 32 Autoren über jedes der 32 Teilnehmerländer. Das Wettlesen geht live in der Berliner Mary Jane Bar über die Bühne. 16 Schreiber werden nach der Vorrunde die Koffer packen müssen. Die anderen schreiben weiter bis zum Endspiel. Vielleicht schafft es ja auch der dreifache Weltmeister aus Teutonia bis dahin. Und der, lieber Heribert Faßbender, erlebte beim 8:0-Sieg gegen die Söhne der Wüste nicht sein »torreichstes WM-Spiel«. Das, lieber Heribert Faßbender, fand lange vor ihrer Zeit statt, und zwar am 20. Juni 1954. Damals gab es eine 3:8-Klatsche gegen Ungarn. Aber das nur nebenbei.
Echt oder gefälscht?
Unklar ist derzeit allerdings das Schicksal der einladenden Webadresse www.tante-kaethe.de, mithin wie geschaffen für den Teamchef mit der Tante-käthigsten »Frisur«, den die deutsche Equipe jemals hatte. Die Domain, sagt die Vergabestelle Denic, sei »derzeit nicht erreichbar, da es administrative Probleme gibt«. Ob eine von Völlers Verwandten da die Finger im Spiel hat? Oder gar die »echte« Tante Käthe? Den »echten« Paul Breitner gibt?s übrigens unter www.paul-breitner.de. Vom Fußball hat er abgeschworen und verdingt sich jetzt als »respektabler Bartender« mit eigener »Rezeptenpalette«, welche wiederum »für alle Frozenmaschinen geeignet« seien.
Vielleicht schaffen es auch Gerhard Mayer-Vorfelder und die anderen rund 2.000 Herrschaften vom Organisationstross bis ins Halbfinale am Buffet. Laut ARD-Mops Waldi Hartmann ist es wieder legitim, vom Halbfinale zu fantasieren. Mit den Füßen auf dem Teppich bleibt »Katsche« Schwarzenbeck, vor 28 Jahren Stopper der Nation, seinerzeit quasi Beckenbauers persönlicher Staubsauger. Heute ist der Bayer Garant dafür, dass nicht nur die »Null steht« - mit eigenem Betonwerk in Gars am Inn.
Der Beste: Johan Cruyff
Und: Der beste Fußballer aller Zeiten bleibt Johan Cruyff. Weltmeister ist er nie geworden, aber das musste er auch nicht. Außerdem: In welche Hand hätte er den Cup auch nehmen sollen? Links eine der 40 pro Tag angesteckten Fluppen, rechts Feuerzeug und Etui. Weil bei dieser WM nur wenig über Holland zu erzählen ist, gab König Johan letztmals im Dezember 2001 seine fußballerische Meinung zum Besten. Was durchaus auch als Meinungsäußerung gelten darf. Nichtsdestotrotz herausragend: Der Kurzfilm »Cruijff houdt een pakje sigaretten hoog«. Im feinen Zwirn und dem während seiner Trainerjahre obligatorischen Trenchcoat hält er eine zusammengeknüllte Zigarettenschachtel virtuos in der Luft – per Fuß, Knie, Schulter und Kopf, finale Volleyabnahme inklusive.
Ach ja: Für den Fall, dass es während der WM-Spiele doch noch zu einer Einigung zwischen ARD, ZDF und Kirch kommen sollte, gibt es online eine »Bedienanleitung« für den digitalen Empfang.
Thomas Hirschbiegel
H&A Medien