Auch wenn die Datenbrille Vision Pro (hier erfahren Sie, wie sie sich trägt) der klare Star der Entwickler-Konferenz WWDC war, hatte Apple auch bei den klassischen Produkten einige Highlights zu zeigen. Vor allem der erste Mac Pro mit einem selbstentwickelten Prozessor erregte viel Aufsehen. Dabei dürfte dieser eigentlich nur eine winzige Zielgruppe ansprechen. Denn im Test zeigt sich: Schon der Mac Studio hat Leistung satt.
Die erste Auflage des Mini-Desktops hatte Apple letztes Jahr vorgestellt. Beim jetzt erschienen Modell handelt es sich um klassische Produktpflege. Der Mac Studio M2 unterscheidet sich optisch nicht vom Vorgänger, im nach wie vor schicken Gehäuse wurde einfach frischere Technik verbaut. Da das gelungene Design nach einem Jahr aber immer noch enorm frisch wirkt, gibt es daran auch nichts auszusetzen.
Power satt
Denn wer den Mac Studio kauft, tut das in der Regel wegen seiner inneren Werte. Schon das letzte Modell konnte mit seinen von Apple selbst entwickelten Chips M1 Max oder M1 Ultra mit unfassbarer Leistung überzeugen. Dieses Jahr legt der Konzern tatsächlich noch mal eine Schippe drauf: Knapp 20 Prozent mehr Leistung bringt der getestete M2 Max in Testszenarien in sogenannten Benchmark-Programmen zusammen.
Das liegt einerseits daran, dass das Basismodell im Vergleich zum letzten Jahr zwei neue Kerne bekommen hat, nun also mit 12 Prozessor- und 30 Grafikkernen arbeiten kann. Zum anderen hat Apple aber auch die Leistung der einzelnen Kerne nach oben geschraubt.
Je nach Anwendung kann das ein gewaltiges Plus an Leistung bringen. Vor allem, wenn die zusätzlichen CPU-Kerne in Anspruch genommen werden, also etwa bei grafikintensiven Aufgaben. Hier kann der M2 Max voll überzeugen.
Noch beeindruckender ist, dass er dabei auch noch quasi komplett schweigt. Obwohl auch ein Lüfter zum Kühlsystem gehört, gelang es nicht, diesen hörbar zum Anspringen zu bekommen. Selbst nach mehr als einer Stunde per Cinebench erzwungener Vollast war kein Geräusch zu hören. Die Rückseite war zwar deutlich angewärmt, aber so heiß, wie man es früher selbst bei einem Notebook selbstverständlich fand, war sie nicht. Hält man die Hand an die Lüftungsschlitze, ist höchstens manchmal ein leichter Zug zu spüren. Ansonsten verrichtet der kleine Alu-Kasten stoisch weiter seinen Dienst.
Kleine Zielgruppe
Diese Leistung auszunutzen, ist schwerer als man glauben würde. Ob bei Bild- oder Videobearbeitung, Musik- oder Grafikprogrammen: Kein im Test ausprobiertes Szenario brachte den Rechner auch nur in Ansätzen in Richtung Volllast. Auch wenn einzelne Kerne durchaus mal einen Ausschlag machten: Für die allermeisten Einsatzzwecke ist der Mac Studio eigentlich schon mit einem M2 Max überdimensioniert. Wenn man ehrlich ist, dürfte für die allermeisten Nutzer ohnehin ein Mac Mini (hier bei uns im Test) ausreichen.
Das ist natürlich auch Apple bewusst. Der Mac Studio richtet sich auch in der zweiten Generation vor allem an Poweruser, die wirklich jedes Quäntchen Mehrleistung gebrauchen können, von Fotografen und Grafikern, über Video- bis Filmproduzenten.
Das bedeutet aber nicht, dass die Grafikpower nicht auch bei Spielen genutzt werden kann. Bei entsprechend angepassten Games wie "Resident Evil: Village" lassen sich auch auf höheren Auflösungen flüssige Darstellungen erreichen. Als Kaufgrund reicht das aber nicht: Nach wie vor sind sehr viele Spiele für den Mac schlicht nicht verfügbar – und für den Preis bekommt man eine potente Gaming-Maschine. Wer mit dem Mac Studio vor allem arbeiten möchte, kann aber auch eine gelegentliche Spielesession einplanen.
Teure Optionen
Das volle Leistungspotential stellt unser Testgerät übrigens nicht dar. Gegen Aufpreis von 230 Euro bietet Apple eine stärkere Variante des M2 Max an, die 38 Grafikkerne mitbringt. Den echten Sprung bringt aber Apples M2 Ultra genannter Spitzenprozessor. Der kann je nach Anwendung bis zu doppelt soviel Leistung mitbringen. Mit einem Aufpreis von mindestens 1700 Euro dürfte dieses Modell dann aber nur noch für eine noch kleinere Zielgruppe interessant sein.
Wer mehr Anpassbarkeit braucht, hat weiterhin keine Wahl: Der neue Mac Pro bietet als einziger Apple-Rechner noch die Option, per PCI-Schnittstelle Zusatzkomponenten wie extrem schnellen Speicher, Audiokarten und ähnliches zu verbauen.
Der Mac Studio ist dagegen leider deutlich weniger flexibel. Weil alle Komponenten direkt im Chip verbaut sind, ist es nicht möglich, nachträglich mehr Arbeitsspeicher oder auch eine größere interne Festplatte zu verbauen. Zwar ist die Standard-Konfiguration mit 32 GB Arbeits- und 512 GB Datenspeicher für viele Anwendungen ausreichend, wer aber mehr will, muss kräftig draufzahlen. Immerhin: Der Datenspeicher lässt sich heute per externen SSD-Platten weitgehend ohne Geschwindigkeitsverlust erweitern.
Anschlussfreudig
Beim Anschluss von externen Geräten ist der Mac Studio übrigens deutlich anschlussfreudiger als viele andere Apple-Geräte. Gleich an der Vorderseite gibt es zwei USB-C-Ports (beim Ultra-Modell sind es Thunderbolt-Ports) und einen Leser für SD-Karten. Auf der Rückseite gibt es dann noch zusätzlich viermal Thunderbolt mit 10 GB/s (beim Ultra: 40 GB/s), HDMI, einen Netzwerkanschluss sowie zweimal USB-A und einen Klinkenanschluss. Gut: Die Kopfhörerbuchse unterstützt Kopfhörer mit hoher Impedanz. Mit diesen Highend-Modellen sind herkömmlichen Buchsen oft überfordert – und lassen sie dann sogar schlechter klingen.
Eine gute Nachricht gibt es für Fans vieler Bildschirme. Dank des neuen Chips unterstützt der Mac Studio mit M2 Max nun bis zu fünf Displays, bei denen sogar bis zu vier in 6K auflösen können. Alternativ kann man auch ein 8K-Display und zwei 6K-Modelle anschließen.
Bei den Funkverbindungen bietet Apple mit Bluetooth 5.3 und Wifi 6E jeweils den aktuellen Standard an.
Fazit: (noch) mehr Leistung
Schon der erste Mac Studio konnte mit Leistung satt überzeugen, das neue Modell legt noch einmal eine Schippe drauf. Mit der Unterstützung von mehr Monitoren und Highend-Kopfhörern sowie aktuellen Funkstandards gibt es sinnvolle Zusatzfunktionen. Die Schwächen sind allerdings geblieben: Für einen Desktoprechner ist der Mac Studio leider immer noch nicht sonderlich anpassbar, Upgrades muss man schon beim Kauf hinzufügen.
Trotzdem ist das Update gelungen. Der Mac Studio behält seinen Platz zwischen dem Mac Mini und dem deutlich flexibleren Mac Pro, bietet enorm viel Leistung auf kleinstem Raum und bleibt dabei erstaunlich still. Damit dürfte er auf vielen Schreibtischen seinen Platz finden.
Ob sich das Gerät lohnt, hängt aber sehr stark von den eigenen Ansprüchen ab. Mit seinem Preis ab 2400 Euro ist er alles andere als günstig. Die allermeisten Apple-Nutzer dürften mit einem Mac Mini oder einem der Notebooks völlig auskommen, der Aufpreis lohnt sich für sie schlicht nicht. Aber auch wer mehr Leistung braucht, kann durchaus noch über einen Mac Studio aus dem letzten Jahr nachdenken. Sie sind immer noch rasant schnell, kosten in der Regel aber einige Hundert Euro weniger. Kann man auf die neuen Zusatzfunktionen verzichten, lässt sich so durchaus Geld sparen.
Der neue Mac Studio ist bereits im Handel erhältlich.